Sep 20, 2015

Ein kritischer Kommentar zur syrischen Flüchtlingskrise

Spätestens seit August können wir in Deutschland die Augen nicht mehr verschließen vor einer Flüchtlingswelle, die so schnell so viele Leute in unser Land bringt wie nie zuvor. Wir sind den Flüchtlingen gegenüber überwiegend positiv eingestellt. Es gibt viele Aktionen und Veranstaltungen, die man unter das Motto „Flüchtlinge willkommen“ stellen kann. Doch sind sie uns wirklich willkommen?

Wir empören uns über die überforderten Behörden der Länder an den EU-Außengrenzen und schauen dennoch tatenlos zu. Wären uns syrische Flüchtlinge wirklich willkommen, könnten wir sie auch direkt aus den Flüchtlingslagern Jordaniens, des Libanon und der Türkei abholen. So würde man Familien unglaubliche Strapazen ersparen und verhindern, dass fast jeder hier ankommende Flüchtling sein mühsam Erspartes für Schlepper ausgeben musste oder bei Schleppern verschuldet ist. Dass wir Menschen in Not dennoch weiterhin lange, beschwerliche und sehr teure Reisen aufzwingen, ist beschämend.

Beispiel Libanon: Momentan ist jeder fünfte Bewohner des Libanon ein Flüchtling und es ist einleuchtend, dass dieses Land nicht so viele Leute versorgen kann. Momentan kümmert sich fast allein das UN-Welternährungs-programm (WFP) darum. Dem WFP fehlen aber die Mittel, dauerhaft Millionen Menschen zu versorgen, so dass man die Versorgung der Flüchtlinge seit Juni 2015 drastisch reduzieren musste und sie deswegen von Hunger bedroht sind. Erst Ende Juli hat Deutschland seine Hilfen für die Lager (nicht nur im Libanon) aufgestockt. Es ist es eine Schande, dass man erst jetzt handelt, wenn die Leute verständlicherweise einen Ausweg suchen und zu uns kommen. Dieser Artikel der ARD erschien vor fast einem Jahr und hat leider nichts an Aktualität eingebüßt. Die Zustände in den Anrainerstaaten Syriens sind uns also schon seit langem bekannt, aber wir und unsere Regierung haben weggeschaut.

Unsere Hilfsbereitschaft ist vielleicht auch eine Art Wiedergutmachung für unser Wegschauen. Das mildert die Probleme der Flüchtlinge, löst sie aber nicht. Um das zu verstehen, muss man sich klar machen, was es bedeutet, mit der Familie seine Heimat zu verlassen und fast allen Besitz aufzugeben. Dies tut keiner freiwillig. Die Leute sind verzweifelt und hoffen, dass sie bald zurück können. Daher sind in den ersten Jahren nach Kriegsausbruch nicht viele Leute nach Europa gekommen, sondern in die Nachbarstaaten gegangen. Nach Jahren auf der Flucht ist die Hoffnung auf baldigen Frieden geschwunden und auch aufgrund der Situation in den Flüchtlingslagern macht man sich notgedrungen auf den weiten Weg nach Europa. Die meisten Bürgerkriegsflüchtlinge kommen nicht freiwillig zu uns, um dauerhaft zu bleiben. Von Deutschland verspricht man sich eine gute Versorgung und die Sicherheit, nicht abgeschoben zu werden. Das werden und können wir auch gewährleisten. Wir sollten unsere Angebote zur Integration aber nicht überschätzen. Deutsch zu lehren ist wichtig, da Kommunikation das Wichtigste für die Integration ist. Schon schwieriger wird es in der Arbeitswelt. Wir kennen nur unsere Arbeitsbedingungen, unsere Arbeitsmentalität und finden sie daher normal. Ein Bäcker, der es gewohnt ist, per Handarbeit leckere Fladenbrote zu zaubern, wird sich aber wahrscheinlich schwer tun, im Schichtbetrieb in einer Großbäckerei halbautomatisch Schwarzbrot im Akkord zu backen.

Flüchtlingen in jeder Form zu helfen ist unumgänglich, beseitigt aber nicht die Ursache. Krieg und Diktaturen sind die Ursache und daran sind wir nicht unschuldig! Deutschland ist der drittgrößte Rüstungsexporteur der Welt und beliefert Regime aller Art mit Waffen. So haben in den 90er Jahren Kinder in Sierra Leone mit dem deutschen Sturmgewehr G3 aufeinander geschossen, [1]. Der Libysche Bürgerkrieg wird auch mit deutschen Waffen ausgefochten. Deutsche Waffenschmieden beliefern Saudi-Arabien, das seit Monaten den Jemen bombardiert, dabei auch das UNESCO Weltkulturerbe der Altstadt Sanaas zerstört und das 2011 half, den Aufstand in Bahrain niederzuschlagen. Wer könnte es also einem Jemeniten verübeln bei uns Asyl zu suchen, wenn unsere Waffen mitgeholfen haben seine Heimat zu zerstören?
Dabei kann unsere Wirtschaft auf eine exportierende Rüstungsindustrie ohne Probleme verzichten. Beispielsweise hat der Hersteller von Handfeuerwaffen Heckler & Koch gerade einmal ca. 650 Mitarbeiter. Deutschlands viertgrößte Bäckerei K&U hat hingegen ca. 4 000 Mitarbeiter und setzt mehr um. Der Panzerhersteller Krauss-Maffei Wegmann hat auch nur ca. 2800 Mitarbeiter. Die dortigen Angestellten sind hochqualifiziert und würden sicher anderweitig einen adäquaten Job finden. Ein wichtiger Schritt für Deutschland wäre daher, generell auf Waffenlieferungen an Nicht-NATO-Staaten zu verzichten. Denn wie die Beispiele Sierra Leone und Libyen zeigen, werden Waffen nun einmal benutzt und eine Kontrolle darüber ist außerhalb der NATO unmöglich.

Eine echte Lösung für Syrien ist, den Krieg zu beenden und politisch langfristig Frieden zu schaffen. Schauen wir zurück auf das Jahr 1995, stellen wir viele Parallelen fest. Man hatte in Jugoslawien jahrelang ein Eingreifen gescheut und verdrängt, dass jeden Tag sogar Kinder von Heckenschützen erschossen wurden. Damals hat man allerdings direkt aus Bosnien Leute nach Deutschland geholt. So konnte man den Aufenthalt und Ausbildungsmöglichkeiten planen. Wer heute durch Sarajevo läuft, wird erstaunt sein, wie viele Leute einmal in Deutschland waren und dort ihre Ausbildung gemacht haben. Man ist dafür sehr dankbar und nicht umsonst ist Deutschlands damaliger Außenminister Klaus Kinkel dort immer noch sehr populär. Aber erst der militärische Eingriff hat die Kriegsparteien an der Verhandlungstisch gebracht und es gibt seit 20 Jahren Frieden (auch wenn politisch dort noch viel zu tun ist).
In Syrien ist Frieden momentan sehr weit weg und es werden sich weitere Millionen auf die Flucht begeben, wenn wir nicht handeln. Waffenlieferungen an egal wen und welche Seite verschlimmern nur die Situation. Die einzige Lösung für militärisch geführte Konflikte ist die Entwaffnung. Unterhält man sich z. B. mit ehemaligen Kämpfern im Jugoslawienkrieg, erzählen einige, dass man am Ende schlicht keine Munition mehr hatte, mit der man den Gegner beschießen konnte.)

Zusammengefasst: Jeder, der ein Herz für syrische Flüchtlinge hat, sollte sich dafür einsetzen,
  • dass Deutschland und die NATO aktiv werden, die Kriegsparteien in Syrien zu entwaffnen,
  • dass Deutschland und die EU die finanziellen und personellen Flüchtlingshilfen für die Anrainerstaaten Syriens erhöhen,
  • dass Deutschland keine Waffen mehr an Nicht-NATO-Staaten liefert.
Literatur
[1] Ishmael Beah; Rückkehr ins Leben : ich war Kindersoldat; 2008; Verlag Piper

Anmerkung: Der Autor dieses Kommentars befand sich auf der Rückreise vom Urlaub unverhofft in einem mit syrischen Flüchtlingen gut besetzen Zug und konnte dort Gespräche führen. Er war in den letzten 3 Jahren als Rucksacktourist in Bosnien und Herzegowina, Albanien, Serbien und dem Kosovo.

Sep 13, 2015

About religiosity in Georgia

When you travel around in Georgia you will not notice that people are very religious. I would even say that Georgia is the most religious Christian country I have ever been. This is my personal experience and as it is subjective, allow me this subjective article:

Especially in Tbilisi I saw that there were several church services a day and the churches were full of people. Well, churches were built that people come there to celebrate their religion but to me the religiosity appeared quite "unreal", more than a hype than that people are really following the religion. I mean, the priests and monks drive big and expensive cars while they should be role models how to live in modesty. All, and I mean all bus and taxi drivers I war driving with had crosses and icons besides or at the inner mirror in their cars and cross themselves while driving. Nevertheless many drive crazy (especially the marshrutka drivers) and endanger others.
Many people in the buses cross themselves whenever the bus passes a church or one of the "street icons". There are new icons all over the country on the streets like traffic signs. But it is in most cases more important to know the right amount of crossing oneself than to follow the path of altruism. A few times people explained me when one should cross oneself 5 or more times and that 4 times crossing is bad etc. Of course I asked them what else they do in favor of the religion ;-) and then they told me proudly that they go to confession frequently and that confession makes life easy: One can life as one likes to knowing that this is not "correct" but thanks to confession the incorrectness is forgiven. That reminded be a bit of the catholicism in southern Europe but there the people are much more relaxed regarding to religious signs and actions.

One of the "street icons" in Borjomi.
This is an ancient church in the ethnographic museum. It was important for the employees of the museum that I lift off my hat because it is still a sacred place and it is not allowed to wear hats in a church as a man (in contrary to woman that must cover their hair). That day it was raining at 5 °C but OK.

Some are very proud to support the church with money because the church is for them what makes their country. Looking into Georgia's history this was true but I doubt that this applies also for today's Georgia. I had problems to understand what the current church leaders do for the country. I mean the current Catholicos-Patriarch Ilia II. is in charge since 1977. So he was already the leader in Soviet times. Did he play a role in overcoming the repressive Soviet system in the early 1990's? Nobody could answer me that question. Moreover he decided to build the huge Holy Trinity Cathedral of Tbilisi in a time where most of the Georgians had electricity only a few hours a day. The cathedral cost a lot of money which could have been invested in other projects. THE main problem of Georgia for decades where the corruption. Did the church anything against this?
Now the Georgian Orthodox Church is the largest land owner in Georgia and use it to make profits and to run several companies. Is it the task of a church to make profits or to help the people forming the church?

However, obviously the religiosity helps many people and this is important. If they would become unsatisfied with their church one day they can change it. For now the church has such an influence that couples decides to get more children because the patriarch baptizes every third (or further) children of a family. The result are mass-baptisms.

Sep 6, 2015

Tbilisi - in da hood

After 2 days in the innermost center of Tbilisi I switched to a nice hotel in the are of the town I like a lot. It is the area between the V. Sarajishvili Street and the Kekelidze Street.

 Why I like this area, well have a look:

The incredible steep Vasil Barnov Street up to my hotel.
  
The same street. When it was wet it was hard not to loose
adhesion.

Typical street with cobblestones
Below the Tivereli church.
 
 
The hotel
View out of the hotel room.

I like the steep little streets and these old houses so close to the new inner town with its modern houses and the great views over the city.