Oct 4, 2015

Wege aus der Ungleichverteilung der Einkommen und Vermögen

Unsere Gesellschaft steht nicht nur durch die Flüchtlinge vor großen Herausforderungen. Im Vergleich zu anderen Ländern, sind die Deutschen reich und leben in Wohlstand. Der reale Wohlstand bezieht sich jedoch auf das Land, in dem man lebt. Wer auf ALG II angewiesen ist, kann nicht mehr auf jedes Konzert gehen, oder Freunde mit dem Zug in einer anderen Stadt besuchen. Wohlstand ist also auch ein Maß, wie der Einzelne am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann.
Dass mittlerweile in jeder Stadt Angebote wie Essenstafeln notwendig sind, ist für unser reiches Land ein Armutszeugnis. Wer z.B. nur ein Rente von 750 € hat, kann in vielen Städten nicht einmal seine Warmmiete bezahlen. Während die Altersarmut bedrohlich ansteigt, explodiert die Ungleichverteilung der Einkommen und Vermögen förmlich. 1985 betrug das Verhältnis der Einkommen von Vorständen im Vergleich zum Lohn eines durchschnittlichen Arbeiter in DAX-Unternehmen 1985 noch 20:1 und 2011 schon 200:1. Während in den 1990er Jahren die reichsten 10% der Bürger noch ca. 40 % des gesamten Vermögen besaßen, sind es derzeit 66 %. Die Hälfte der Deutschen besitzt gerade einmal 1,4 %.

Mit der Einführung des Mindestlohns wurde zumindest erreicht, dass man weitgehend von seiner Arbeit ohne weitere Zuschüsse vom Staat leben kann. Wer jedoch auf Basis des Mindestlohns in Rente geht, wird unweigerlich im Alter arm sein. Die Einführung einer Mindestrente wird daran nichts ändern (auch wenn sie wichtig ist). Die Umverteilung der der Einkommen und Vermögen wäre hingegen eine Lösung. Aus diesem Grund werden hohe Löhne bereits höher besteuert. Dies ist dennoch nicht ausreichend, um die Ungleichverteilung zu begrenzen, denn ab einem Einkommen von mehr als ca. 100.000 € ist der Steuersatz konstant. (Zudem wurde der Spitzensteuersatz die letzten Jahre kontinuierlich gesenkt.) Verdient man z.B. 500.000 € im Jahr, hat man nach Steuern 290.000 € zur Verfügung. Davon kann man sein Vermögen ausbauen, indem man vielleicht eine Wohnung kauft und diese vermietet. Wer hingegen 30.000 € im Jahr verdient, hat nach Steuern kaum etwas, das er ansparen kann.

Reflektiert man diese Fakten, fragt man sich unweigerlich, warum es notwendig ist, dass eine Person über 100mal mehr als eine andere verdient. Natürlich muss es Unterschiede im Gehalt geben, aber es wäre doch ausreichend, wenn man diesen Unterschied begrenzt. Diesen Weg ist man mit der 1:12 Initiative in der Schweiz gegangen. Diese sah vor, dass keiner im Monat mehr verdienen soll, als jemand Anderes im Unternehmen im Jahr. Diese Initiative wurde Ende 2013 in einer Volksabstimmung abgelehnt und war dennoch ein Auftakt für eine weltweite Diskussion darüber.

Die Deckelung der Ungleichheit der Einkommen allein würde nicht ausreichen, denn eine Vermögenssteuer gibt es in Deutschland seit 1996 nicht mehr. Eine Vermögenssteuer besteuert das vorhandene Vermögen und sollte progressiv sein: Wer mehr Vermögen hat, zahlt einen höheren Satz. Damit lässt sich die Ungleichverteilung begrenzen.
Ein weiterer wichtiger Ansatz ist die Erbschaftssteuer. Die aktuelle Umsetzung wurde als verfassungswidrig eingestuft und muss daher überarbeitet werden. Die Erbschaftssteuer ist unbeliebt aber doch essentiell. Ein Beispiel: Jemand erbt 5 Mietshäuser in Stuttgart. Er kann von den Mieteinnahmen sich und seine Familie ernähren, muss also nicht mehr arbeiten. Die Mieter arbeiten für ihn mit, während er finanziell nichts mehr aktiv für die Gesellschaft leistet. Er ist also ohne eigene Leistung in der Position auch in Zukunft nichts mehr leisten zu müssen. Das ist sozial ungerecht. Durch die Erbschaftssteuer erhält der Staat zumindest einen Teil, den er für seine sozialen Verpflichtungen ausgeben kann.

Zusammengefasst: Die Ungleichheit der Einkommen und Vermögen kann mit Hilfe von 3 Steuern wirkungsvoll gesteuert werden: Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuer. Deswegen braucht Deutschland wieder eine Vermögenssteuer. Die Deckelung der Einkommensunterschiede ist ein interessanter Ansatz, den man weiter denken sollte.