Oct 3, 2016

Soundtrack meines Lebens

Bevor es hier im Blog mit Armenien, Moldawien, Kirgistan, Kuba usw. weitergeht, erlaube ich mir einen privaten Ausflug.

Zu diesem Eintrag passt


Die Ärzte sind aus traurigem Anlass gerade in den Medien, dabei ist immer die richtige Zeit, deren Musik zu huldigen. Farin Urlaub ist einer der begnadetsten deutschsprachigen Texter. Die Texte sind so vielfältig, dass ich fast jede Woche ein paar Zeilen von seinen Liedern im Kopf habe. Dazu kommt die musikalische Vielfalt der Ärzte, an der nur ganz wenige Bands dieser Welt heran kommen. Die Songs von Farin Urlaub sind für mich daher der Soundtrack des Lebens:

Da ich das Musikhören mit der 60/70er Plattensammlung meines Vater anfing, kam ich relativ spät dazu, aktuelle Musik zu hören. Die Klassenkameraden fuhren auf The Prodigy und Co. ab, aber ich hasste das. Klar, wenn man von den Rolling Stones kommt, ist der Schritt zu hart. (Wenige Jahre später wurde ich dennoch Voodoo people.) Irgendwann wurde ich gefragt, ob ich nicht mit zum Konzert der Ärzte kommen wollte. Na klar wollte ich, denn ich war noch nie auf einem Konzert, dazu noch Open Air. Die Musik wäre mir völlig egal gewesen. Um mich textlich nicht zu blamieren, kaufte ich mir deren aktuelle Scheibe und war begeistert. So eine Vielfalt an Stilen und dazu noch herrliche Texte, die man nicht vergisst. Für jede Lebenslage war etwas dabei. Ich weiß nicht (ob es Liebe ist) hat damals perfekt gepasst.
Das Konzert war toll und danach gehörte auch das grandiose Album Die Bestie in Menschengestalt mir. Ich wusste nie was ich werden wollte, aber, dass es nicht Kassierer wird, stand nun fest. (Was aus Kassierern wird, ist hinreichend bekannt ;-) )
Ich mochte mich noch nie auf eine Stilrichtung festlegen, insofern war und ist dieses Album bis heute in meiner Top 10. Welche "Punkband" veröffentlicht auf einem Album einen Tango-mit-Klezmer-Song zusammen mit einem spanischen Emo-Rocksong? Und der Omaboy wurde später zu Bundi/Zivi-Zeiten wieder Thema.

Das Leben ging weiter und das ohne Die Ärtze. Ich verlor sie aus den Ohren bis mir jemand an den Kopf knallte, dass ich unausstehlich sei, mit meiner "ich bin dagegen" Mentalität. Ich würde den Ärzte Song Rebell verkörpern. In der Tat beschrieb er mich ganz gut und holte mich so aus meiner spätpubertären Phase. Ich ging wiedermal auf ein Ärtze Konzert, das mit 3 Stunden auch das längste einer einzelnen Band bis heute ist. Beim anschließenden Stöbern bei Audiogalaxy entdeckte ich textliche Perlen wie Erna P.: "Erna P. düst langsam weg, im Fernsehen läuft der letzte Dreck". Was für ein Reim! ;-)

Man wird älter und die Welt beginnt zu nerven. Man hat das Gefühl, dass Vieles nicht stimmt und fühlt sich ohnmächtig, etwas zu ändern. Aber hey, "Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist, es wär' nur deine Schuld wenn sie so bleibt!". "Weil jeder der die Welt nicht ändern will ihr Todesurteil unterschreibt.". Das ist DAS Motto für mich geworden. Man kann wenig bewegen, aber man muss sich trauen und vor allem einmal damit anfangen. Man hat ja leider oft nichts Gesehen.

Mit der Zeit muss ich oft an Lasse Redn denken. Ein musikalisch nerviger Song, der es aber einfach trifft: "Sei höflich und sag nichts, das ärgert sie am meisten." Stimmt.

Bei meinem ersten Konzert als Schlagzeuger habe ich unter anderem Zu Spät auf einer Hochzeit gespielt. Toll, wenn hundert Leute den kompletten Text mitsingen und mit der Hochzeit ist es ja auch wirklich zu spät.

Nach einigen Herzschmerzen stellt man fest, dass Farin Urlaub auch unter eigenem Namen Songs schreibt. Seine Soloalben geben Raum auch für tiefergehende Texte. Es gibt so Momente im Leben, auf die man nicht öffentlich eingehen möchte, daher sind hier ein paar unkommentiert, die mich mitunter sehr bewegt haben:
Porzellan
Kein zurück
Immer Noch
Am Strand
Trotzdem
Krieg, nicht wegen des Songs, aber wegen der unübertroffenen Zeile:
"Ich bin nur ein Mann, aber auch ich hab Gefühle. Ich gebe gerne zu es sind nicht so viele. Wenn ich durchzählen müsste, es sind ungefähr drei, aber Wut und Hass sind dabei."
Petze

Das Leben ist nur manchmal hart; gut die Kollegen nerven. Aber Ich gehöre nicht dazu. Und wer will schon Frauen verstehen?

Wie dem auch sei, ich beende die Huldigung ehe mir Gesichtsverlust droht.