Jan 26, 2012

Sim - kein Spiel für schwache Nerven

Wie so oft will man nur mal eben etwas fix in der Wikipedia nachschlagen und landet dabei bei Themen, die nicht im Entferntesten etwas mit dem eigentlich Gesuchten zu tun haben. Auf diese Weise bin ich über den Satz von Ramsey gestolpert, der mich zum Spiel namens Sim führte:

Sim als Browserspiel

Bei Sim gibt es nur zwei Regeln:
  1. die Spieler färben abwechselnd je einen Stab
  2. wer zuerst mit seinen gefärbten Stäben ein Dreieck bilden kann, hat verloren
Klingt einfach und wenn zwei Menschen gegeneinander spielen ist es sehr unterhaltsam, da es keine Strategie gibt, die man immer befolgen könnte. Man muss auf jeden Zug des Gegners individuell reagieren.

Im Browserspiel spielt man allerdings gegen den Computer, der sich keine Fehler erlaubt. Wer es schafft in meiner Gegenwart den Computer zu schlagen, ohne die Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen, dem gebe ich einen Kasten Bier aus. Na dann Prost!
Dazu passt Hard-Fi - Hard to beat

Jan 23, 2012

Militärhistorisches Museum der Bundeswehr

Die Möglichkeit ein Museum rezensieren zu können gibt es nicht oft. Insofern konnte ich mich nicht an mich halten, die ansonsten besinnliche Weihnachtszeit mit einem aufwühlenden Besuch im neuen Militärhistorischen Museum zu würzen. Dazu passt Der brave Soldat Schwejk in voller Länge.

Im Vorfeld gingen die Meinungen über den Umbau des Museumsgebäudes in der Dresdner Albertstadt stark auseinander, aber der Keil passt. Zum Einen ist es dadurch nicht mehr ein x-beliebiger wilheminischer Bau und damit werden auch die Brüche der deutschen Militärgeschichte symbolisiert. Von der oberen Ebene des Keils hat man eine schöne Aussicht über Dresden und kann sie doch nicht wirklich genießen. Gerade als Dresdner ist man dem Selbstmitleid ob der unnötigen Zerstörung Dresdens zu Kriegsende oft nah. Aber was die deutsche Luftwaffe mit polnischen Städten in ähnlich militärisch unwichtigen Lage anfing ist einem meist nicht bewusst. Der Besuch da oben hat bei mir diesbezüglich Einiges in der Wahrnehmung verändert.

Das Museumsgebäude mit Keil.

Blick aus dem zweiten Stock in Richtung Innenstadt. Vom Keil hat man noch einen besseren Blick, der sich aber nur schlecht fotografieren lässt.
Das Museum beinhaltet de facto 3 eigenständige Ausstellungen: 1300 - 1914, 1914 - 1945 und 1945 - heute. In jeder dieser Ausstellungen kann man ohne Probleme mehr als 1 Stunde verbringen, denn das Material ist reichhaltig und es werden unglaublich viele Aspekte angeschnitten, wenn es auch nie wirklich in die Tiefe geht. Es ist schon erstaunlich, dass so viele Generationen Kriege als etwas Normales empfunden haben und wie Kriege die Gesellschaft verändert haben. Leute die zu Friedenszeiten nie weiter als 30 km von ihrem Wohnort weg kamen, marschierten nun durch ganz Europa, kämpften für Ziele die sie oft nicht verstanden, lernten aber dabei neue Kulturen kennen. Dazu wurden schlagartig unzählige Erfindungen gemacht. So bitter es ist, aber es scheint, dass erst Kriege den Menschen zu ingenieurtechnischen Höchstleistungen angespornt haben.
Toll finde ich die vielen Lebensläufe von Personen aus einem Konflikt. Meist ein hoher Militär oder ein Regierungsmitglied und dazu immer Jemanden aus dem "Fußvolk". So werden die verschiedenen Sichtweisen auf die Konflikte deutlich und auch, dass die Geschichtsschreibung bis 1914 ausschließlich die Sichtweise der Fürsten und Könige widerspiegelt.
Interessant war es auch, dass das Berufsritter- bzw. -soldatentum dazu führte, dass der grausame Kriegsalltag dem Großteil der Bevölkerung verborgen blieb (vom Dreißigjährigen Krieg mal abgesehen). Das änderte sich erst im 19. Jahrhundert. So richtig klar wurde das aber erst im Ersten Weltkrieg. Die Ausstellung 1914 - 1945 ist dann auch die Bedrückendste. Es gibt in der Ausstellung viele Interaktionen und so auch eine Kammer. Darüber steht ein Ausspruch eines Soldaten "Den Geruch im Graben kannst du nie mehr vergessen." Gemeint waren die Gräben des Ersten Weltkriegs. Man kann die Kammer öffnen und den nachgestellten Geruch aus gammelndem Filz, Modder und von Leichen aufnehmen. Und Tatsache, selbst beim Schreiben dieser Zeilen schwirrt er wieder in mir herum - unglaublich!
Bedrückend war es auch, wie viele Kinder unter 12 Jahren im Museum waren. Fragt eine Vater seinen Sohn: "Da hinten gibt es tolle MGs oder willst du woanders hin?". Seine Antwort: "Ich will zu den Panzern!" Am Tisch über hingerichtete Deserteure stehen zwei Mädchen. "Komisch, die sind ja alle nicht mal 30 geworden." "Ah klar, hier hängen sie ja." Dabei weist sie auf ein Foto mit am Galgen hängenden Soldaten. Unglaublich wie wenig Weitsicht die Eltern an den Tag legen. An einer Stelle ist eine eingelegte Fußsohle ausgestellt, die wegen Nekrose amputiert werden musste. Eigentlich ist sie ganz unscheinbar, denn es geht bei den Ausstellungen nicht ums Schocken. Leider ist sie in Kinder-Augenhöhe angebracht. Und so war ein Junge der nichtsahnend um die Ecke kam auch sehr verstört. Ich fürchte, er konnte eine Weile nicht ruhig schlafen. Die Ausstellungen sind sehr gut gemacht, aber nichts für unter 14-jährige!

Wichtige Info, zum Glück nichts mehr für deutsche Kinder.
Der Weg zwischen den Ausstellungen ist mit vielen Themen gestaltet. So kann man ein marschierendes Bataillon abschreiten, das an der Wand aufgeklebt ist. Dabei läuft man über eine Rüttelplatte, die die Vibrationen des Marschierens erlebbar macht. Die Wand erscheint endlos lang und am Ende wird lapidar bemerkt, dass zum Ende des ersten Weltkriegs jeden Tag mehr Soldaten starben. Es gibt aber auch einfach nur Interessantes wie die Raumkapsel Sojus 29, den Brandtaucher oder eine Staatskarosse der DDR. Eine Linguistik-Vitrine erklärt einige Redewendungen, die aus dem Militärischen kommen. Schon gewusst, woher "Ein Auge riskieren" kommt oder woher der Begriff "Kraftprotz" stammt? Wenn nicht, dann steht einem Besuch ja nichts mehr entgegen.