Mar 18, 2011

¿Eso es tu pizza?

Von Uyuni ging es weiter nach Tupiza, dass nur 600 Meter tiefer und 200 km entfernt liegt, aber ein total anderes Klima hat: Es gibt Bäume, Kakteen und es ist richtig heiß. Die Umgebung von Tupiza hat sehr viel zu bieten und es war eine sehr gute Idee dahin tu gehen. Ich hatte in einem Touri-Büro in Uyuni ein Foto von Tupiza gesehen, und spontan meinen Reiseplan umgeworfen. Zu Tupiza passt Diana King - Summer Breezing.
Ich kam Nachts um 2 mit dem Bus an und machte mit einem Taxifahrer aus, dass er mich für 5 B. zu einem Hotel fährt. Leider hatte erst das dritte Hotel Platz und der Taxifahrer meinte, dass ich 15 B. bezahlen sollen, denn er wäre ja jetzt das Dreifache gefahren. Ich habe ihn auf 10 B. runter gehandelt und stellte am Morgen fest, dass alle 3 Hotels auf der selben Straße, innerhalb von 100 Metern liegen - er hat also ein paar extra-Runden gedreht um mich hereinzulegen.
Nach einer Mütze Schlaf wollte ich in die Canyons gehen, aber alle Reisebüros warnten mich, dass ich dazu ja mindestens 5-6 Stunden brauchen wäre und es keine Wanderkarten zu kaufen gäbe. Ich solle doch besser eine Pferde- oder Fahrradtour machen. Ich willigte in eine Fahrradtour ein, aber ein Rad war erst am nächsten Tag verfügbar. So bin ich halt einfach losgelaufen und nach anderthalb Stunden gemütlichem Laufen war ich schon im Canyon de Inkas. Unterwegs habt mir ein Franzose seine Wanderkarte geschenkt, denn natürlich kann man die kaufen. Wieder in der Stadt habe ich mich nach anderen Touren erkundigt, aber die wollten mich immer nach Uyuni fahren, obwohl ich ja sagte, dass ich von da komme. Ich wollte dann in die offizielle Touri-Info gehen, aber jeder in der Stadt meinte, dass es keine gäbe - aber klar gibt es eine am Busbahnhof. Abends wurde mir dann mein Rad für den nächsten Tag gezeigt - ein Kinderfahrrad, kein Scherz. Der Fahrradverleiher, der meine Größe und Gewicht vorher schon wusste, entschuldigte sich mit einem Grinsen wie von einem geistig Behinderten. Dann brachte er ein passendes Rad, bei dem aber die Hinterbremse nicht ging. Das zu reparieren, sollte aber in 10 min zu machen sein und ich willigte in Vorkasse ein und sollte das Rad nächsten Tag um 12 abholen.
Nächsten Tag war dann das Touri-Büro verschlossen. Ich wartete eine halbe Stunde und versuchte dann die Nummern auf der Visitenkarte des Büros anzurufen, die aber alle nicht mehr gültig waren. Man hat mich also wieder gelinkt und ich wollte gerade zur Polizei gehen, als aus dem Büro der Besitzer herausgestolpert kam. Er hatte eine Alkoholfahne und mich vollkommen vergessen. Wir sind dann zum Fahrradladen gegangen und dort hat der Fahrradverleiher es geschafft den Stutzen am Rahmen, an dem die Bremse befestigt wird, abzubrechen. Der muss da mit dem Hammer dagegen gehauen haben, sonst schafft man das nicht. Er schaute mich wieder wie ein Behinderter an und machte komische Geräusche - er muss auf Drogen gewesen sein! Dann wollte man mir mein Geld nicht komplett zurückgeben und eine Bearbeitungsgebühr haben. Aber Besoffene lassen sich leicht austricksen, so dass ich alles wiederbekommen habe. Ich habe mir dann ein Taxi genommen, um mich zu einer anderen Felsformation 5 km südlich der Stadt zu fahren, aber erst der dritte Taxifahrer kannte das. (Eigenartig, denn die Stadt hat nur eine durchgehende Straße, die das Tal entlang geht.) Ich bin dann von dort in einem Flussbett und auf Eisenbahnschienen wieder zurück gelaufen, was eine wirklich sehr entspannte Tour in toller Landschaft war.
Nachmittags wollte ich noch Shampoo kaufen, aber die Verkäuferin auf dem Markt weigerte sich, mit mir zu sprechen. Der Mann vom Nachbarstand hat sich dann für mich eingesetzt, dass ich doch nett sei und sie es mir doch bitte verkaufen möge. Erst nach langem Zureden willigte sie ein, die Shampooflasche aus dem Schaufenster zu holen. Ich habe die Flasche dann kritisch beäugt und ihr gesagt, dass ich hellblaue Verpackungen nicht leiden kann und außerdem zu viel Shampoo drin sei, daher das Shampoo leider, leider doch nicht kaufen kann. Ich habe mich schon lange nicht mehr so gehässig gefreut! Später saß ich am Bahnhof und machte eine Spanisch-Übung in meinem Lehrbuch, als ein Junge auftauchte, sich vor mich hinstellte und mir den Stinkefinger zeigte. Er meinte zugleich, dass ich meine Mutter ficken soll, den Rest habe ich nicht verstanden. Sehr komisch, aber ich wurde überall in der Stadt komisch angeschaut, besonders von den Jugendlichen. Mein Hotelier dagegen war super nett, so wie ich es bisher von eigentlich allen Bolivianern erlebt hatte. Heute erfuhr ich, dass viele Bolivianer keine Amis leiden können, da der Präsident Boliviens, Evo Morales, gerade heftig gegen die wettert. (Gut, die haben in der Vergangenheit offen bolivianische Militärregime unterstützt und mischen sich immer noch in die Wahlkämpfe hier ein.) Da ich aber permanent für einen Ami gehalten werde, kann das der Grund sein. Heute z.B. wollte mich ein Taxifahrer nicht mitnehmen, da er nicht für Gringos fährt. Als ich sagte, dass ich aus Deutschland komme, war alles OK.
Tupiza - klein aber ein echt nettes Stadtensemble, auch wenn es von hier nicht so aussieht.
Die Puerta de Diablo am Eingang zum Valle de Machos.
Im Valle de Machos, mit unzähligen dieser erodierten Türme. Mir scheint, dass alles östlich vom Altiplano bis hinunter zum Chaco aus diesem Mergel wie in La Paz besteht, denn auch hier in Sucre gibt es das.
Nun ist klar warum das es Tal der Machos genannt wird.
Hauptplatz in Tupiza.
Von hier aus bin ich durchs Flussbett zurück gelaufen.
Ein kleines Paradies mitten in arider Landschaft.
Da meine Schuhe langsam voll Wasser waren, bin ich auf den Gleisen weiter gelaufen. Hier ein Stillleben der besonderen Art.
Bevor ich auf die Gleise bin, fuhr der tägliche Güterzug durch. Daher wiegte ich mich in Sicherheit. Doch auf einmal hätte mich dieses Gefährt fast erwischt.
Eine der Müllhalden von Tupiza. Es hat erbärmlich gestunken. Der halbe Weg zur Puerta de Diablo war eine einzige Müllhalde. Die Bolivianer werfen einfach alles direkt in die Landschaft. So war z.B. der Boden um unseren festgefahrenen Bus nach Uyuni am Ende mit Plastikflaschen übersät, die dort die nächsten 100 Jahre liegen werden. Man wirft Müll generell einfach dahin, wo er entsteht: aus dem Auto, neben die Parkbank, auf die Straße und in Flüsse. Das ist ganz normal und man wundert sich manchmal, wenn ich nach einem Mülleimer frage. Die haben hier halt andere Probleme. Gut, die direkten Innenstädte sind sauber, aber alle anderen Straßen voll mit Müll.

Morgen geht es nach Potosí und von dort gibt es dann Bilder von hier, aus Sucre.
Diesen Blogeintrag habe ich übrigens auf einer Tastatur geschrieben, auf der man die Buchstaben nicht mehr lesen kann, da die tasten abgegriffen sind - bin stolz auf meine Leistung ;-) .

Mar 17, 2011

Weil Bewegung doch das Salz in der Suppe ist...

So ging es von la Paz weiter:
Ich bin nach Oruru gefahren, dort hatte ich 8 Stunden Aufenthalt und bin dann gleich nach Uyuni weiter.
Blick auf Oruru. So sieht die typische bolivianische Stadt aus: Die Häuser sind fasty alle unverputzt, da man sich Putz nicht leisten kann, man betoniert nur die Decken und Streben, der Rest wird mit Ziegeln aufgefüllt.
Oruru hat auch einige echt nette Ecken und ist sehr belebt.
Steckengebliebener Bus. Dadurch konnte ich aber den Sonnenaufgang im Altiplano miterleben.
In Uyuni war am Sonntag weiterhin Karneval, so dass fast alle Touranbieter geschlossen hatten. Eine Zweitagestour ist wegen zu viel Wasser im Salar nicht möglich und auf eine 3 Tagestour hätte ich wegen des Karnevals 2 Tage bis Dienstag warten müssen. Auf dieser Tour wäre ich bis San Pedro in Chile gekommen, aber 1000 km Gerüttel zu fünft im Jeep durch die Wüste für 3 Highlights a je 1 Stunde wollte ich dann doch nicht. Also bin ich nur einen tag gefahren - was ne geile Tour zu der Röyksopp - In Space passt.

Uyuni: Eigentlich endet Karneval am Aschermittwoch, hier aber nicht. Dies ist der Einzug der Gruppen auf den Festplatz - ein staubiger Platz vor der Stadt. Abends wurde dann in der Stadt noch von allen Gruppen gemeinsam ordentlich abgetanzt.
Von dieser Militärparade, an der alle Schulanfänger teilnehmen musste, wurde ich am Montagmorgen geweckt.
Ein typisches Haus am Salar, dass ganz aus Salz gebaut ist. Dazu hackt man entweder Stücke aus dem Salar-Boden und macht Quader draus, oder man füllt Sohle in Holzgefäße und presst das dann beim Trocknen zusammen. Das Dach der Häuser ist aber nicht aus Salz, da dies dem Regen nicht standhalten würde.
Rein geht es in den Salar. Im Hintergrund zuckten Blitze, aber der Wind weht meist so stark, dass die Wolken es nicht bis zum Salar schaffen. Im Salar waren ca. 10 cm Wasser, die wie ein Spiegel wirkt...
... einfach nur noch erhebend, so etwas erleben zu dürfen!
Es gibt keinen Horizont mehr!
Yeah! Ich habe mir extra Flip-Flops gekauft, denn keine Schuhe machen das mit und Barfuss mehrere Hundert Meter zu laufen ist wegen der Kristalle recht schmerzhaft. Die Kristalle haben übrigens perfekte Pyramidenform. Die Pyramiden sind aber hohl. Passt gar nicht zu normalen Kristallsystemen, da es ja auch eine Mischung vieler Mineralien ist.
So wird Salz gewonnen: Man türmt kleine Berge aus Salz auf und wartet ca. 3 Monate. Danach packt man es auf LKWs und verkauft es für 5 B. pro 10 Kilo - es lohnt sich also kaum. Dieses Jahr soll eine Anlage von einer japanischen Firma in betrieb gehen, die aus dem Salz das Lithium herausfiltert. (Der Salar de Uyuni ist die grösste Lithium-Lagerstätte der Welt und Lithium steckt in fast jedem Handy-Akku.)
Wie eine Fatamorgana taucht auf einmal ein Bus auf - selbst unser Guide war verdudzt. Die sind verrückt, denn Salzwasser ist so ziemlich die beste Methode, ein Fahrzeug zu schrotten. Die Jeeps halten daher meist auch nur 4 Jahre durch.
Mitten im See liegt dieses Salz-Hotel. Zwei aus unserer Gruppe haben hier übernachtet. Ich musste zurück, um den Nachtbus nach Tupiza zu erreichen.
Schlafraum im Salzhotel.
Speisesaal. Die Streifen im Salz kommen durch die Sandstürme zustande, die Staub in den Salar tragen, der dann wieder von Salz überdeckt wird.

Ich habe unseren Fahrer mal gefragt welches die zuverlässigsten Autos sind. Er meinte, er hätte alles schon durch, z.B. Ford, GMC, Mitsubishi, aber der Toyota Landcruiser ist für die Wüste aber auch die Regenzeit der Zuverlässigste. Bei Taxis nimmt man Toyota Corolla und Nissan-Modelle.

Meine ersten Male bei dem Trip:
  • erstes Mal in einem Lexus (Lexus ist hier exklusiver als ein BMW oder Benz)
  • erstes Mal in einem Salzsee
  • erstes Mal in Flip-Flops
  • erstes Mal in einem Sandsturm: Auf dem Rückweg hatte der Wind gedreht und der Sand kam mitten im Salar über uns. Durch den Wind war auch das Wasser an den Rand des Salars gedrückt worden, so dass wir Mühe hatten, wieder an Land zu kommen.
Also bis denne aus Sucre. Morgen gibt es mehr. Man beachte auch den anderen heutigen Eintrag über Busreisen.

Busfahren

Bevor ich erzähle wie es weiter ging, sollte man wissen wie Busfahren hier abläuft, dazu eine Geschichte in 5 Akten zu der Ohrbooten - Autobahn passt:
  1. Fahrt von la Paz nach Oruru: Ich sitze vorne neben dem Fahrer, kann daher vorn aus dem Fenster schauen - ein ganz grosser Fehler, denn ich bin vor Angst bald gestorben. Die Strasse ist gut ausgebaut, aber halt nur ne Landstrasse. Daher hat der Fahrer zu unglaublichen Überholmanövern angesetzt und auch gleich alle anderen Busse mit überholt. Hätten die entgegenkommenden Autos nicht gebremst, wäre es in mehreren Fällen aus gewesen. Der Tacho im Bus funktionierte auch nicht, dafür gab es aber den Film 2012 zu sehen (was ein hohler Film!).
  2. Alle weiteren Fahrten waren Nachtfahrten. Fahrt von Oruru nach Uyuni: Sollte eigentlich nur 6 Stunden dauern, dauerte aber 9,5. Beim Kartenkauf versicherte man mir, dass der Bus eine Toilette hat, die funktioniert und es würde Pausen geben. War im Endeffekt nicht gelogen, denn die Toilette funktionierte, war aber abgeschlossen. Pause gab es erst nach 6 Stunden, wenn auch unfreiwillig, denn der Bus blieb stecken. Die Straßen im Süden Boliviens sind alles nur bessere Feldwege und nach der Regenzeit total aufgeweicht. Im Bus selbst waren die Scheiben beschlagen, da es keine Lüftung gibt und man bei offenem Fenster erfrieren würde. (Dieser Bus hatte sogar eine Decke für jeden Fahrgast an Bord, ansonsten muss man die sich selber mitbringen. Ich steige daher gleich mit angezogenem Anorak ein.) Man sieht auch durch die Dunkelheit absolut nichts und der Bus schwankt so sehr, dass sich sogar Einheimische übergeben mussten. (Mir ging es zum Glück gut.) Na jedenfalls haben wir anderthalb Stunden gebraucht, den Bus freizukriegen und ich war komplett mit Lehm verschmiert.
  3. Fahrt von Uyuni nach Tupiza: Der abgefuckteste Bus ever, davor haben mich sogar die Einheimischen gewarnt. Der zweite Bus der die Linie befährt war aber schon auf Tage hinaus ausgebucht. Wir haben 6 Stunden für 200 km gebraucht, natürlich gab es gar keine Pause und auch gar keine Toilette an Bord. Gut, bei dem Gerüttel würde ein Toilettengang eh nicht funktionieren und die Einheimischen können mit unseren Toiletten nichts anfangen. Sie haben Plumpsklos auf die man sich hockt und das ist auch echt hygienischer. Ich trinke daher ab 8 Stunden vor einer Fahrt keine Tropfen mehr. Das klappt meist gerade so, aber ich verstehe nicht, wieso kein anderer Fahrgast damit Probleme hat. Selbst die Touri-Frauen, die in Europa sicher alle 3-4 Stunden auf Toilette müssen, haben trotz Extremgerüttel keine Probleme - ist mir ein Rätsel.
  4. Fahrt von Tupiza nach Potosi: 9 Stunden für ca. 300 km mit zum Glück wenigstens einer Pause. Der Bus war nur halb voll, da er 10 B. teurer als die anderen ist. Das können sich die meisten Leute nicht leisten: Der offizielle Mindestlohn liegt bei ca. 850 B. Der Bus war aber ein Doppeldecker und mein Platz war oben hinten - es hat mich mehrfach vom Sitz gehauen! Doppeldecker auch Schlammpiste ist also eine ganz schlechte Idee. In Potosi waren alle Toiletten bis auf eine Damentoilette geschlossen, was mir dann aber auch egal war; es hat sich auch Keine aufgeregt.
  5. Fahrt von Potosi nach Sucre als Anschlussbus: Ich musste Umsteigen, obwohl es eigentlich ein durchgehender Bus Tupiza - Sucre war. Aber da nur 2 Leute nach Sucre wollten, haben die den Bus in Potosi abgestellt und mir ne neue Fahrkarte gekauft. Als Ausgleich sogar gleich 2 Sitze, damit ich denselben "Komfort" wie im Doppeldecker habe. Die Busse fahren übrigens nur ab, wenn sie voll sind. Um 6 Uhr morgens wollten aber nicht so viele nach Sucre, also hat der Bus ein paar Runden ums Terminal gedreht, 10 Mal in der Stadt angehalten und immer wieder gewartet. Das war dann selbst den Einheimischen zu viel, aber der Fahrer blieb hart und nach einer Stunde war der Bus dann endlich voll. Die Strasse ist ab Potosi asphaltiert, so das die Tour dann keine Folter mehr war.
Übrigens sitzt man zur Abfahrtszeit meist allein im Bus. Die meisten Leute steigen erst in letzter Minute zu, trotz dass die Fahrer sie anflehen, doch eher einzusteigen. Viele steigen auch erst nach dem Busterminal ein, da die Terminalbenutzung 1-2 B. extra kostet. (Man muss eine Bahnsteigkarte lösen, ansonsten kommt man im Terminal nicht zum Bus.)

Mar 11, 2011

Der Tag der Tage

Chronik eines Tages, den ich so schnell nicht vergessen werde:
  • Morgens 2 Uhr: Ich wache auf und habe Durchfall. Nach 10 Minuten ist alles vorbei und ich werfe vorsichtshalber 2 Kohlekompretten ein
  • 6:10 Uhr: Ich stehe auf, denn ich konnte nach dem Durchfall weiter schlafen.
  • 7 Uhr: Frühstück in der Fahrradstation. Beim Einschenken des Wassers in meinen Coca-Tee, giesst mir der Gastwirt das kochende Wasser auf mein Knie. Dank meiner Cordura-Hose, der Höhe (das Wasser kocht ja hier schon bei ca. 85 ºC) und meiner schnellen Reaktion, habe ich Glück gehabt. Er hat mir dann auch gleich Brandsalbe drauf gemacht. Ausser einer leichten Rötung, ist nichts mit der Haut passiert.
  • ca. 8:30 Uhr: Ich starte auf der Delirium-Piste auf 4600 m und muss anfangs oft Pausen einlegen, da ich zu wenig Luft bekomme. Ich falle erstaunlicherweise nie hin, obwohl das Gelände anspruchsvoll ist. Ich übe mich zwangsweise sogar in kleinen Sprüngen. Es gibt jede Menge Lamas und Alpacas. Da die keine Radler kennen, sind sie extrem ängstlich und machen waghalsische Fluchtmanöver.
  • ca. 11 Uhr: Ich treffe auf 3600 m wieder auf meine Gruppe, die 45 min auf mich warten mussten. Sie konnten so aber Kräfte sammeln und Tee trinken, während ich schon gut fertig war. Aber die Delirium hat sich echt gelohnt! Ohne die wäre ich wohl als Radfanatiker auch etwas unterfordert gewesen.
  • ca. 12 Uhr: Am zweiten Erdrutsch helfen sich 3 Radgruppen, die Fahrräder am Abhang entlang zu tragen. Ich helfe fleissig mit, bin danach aber noch fertiger.
  • ca. 13:30 Uhr: Wir erreichen den Endpunkt auf 1100 m, haben also mal eben in einem Rutsch 3500 Hm überwunden! Na Uli und Lars, seid ihr neidisch? Die Tour hat riesen Spass gemacht und während der Abfahrt konnte ich mich gut erholen. Diese Tour MUSS man unbedingt machen, wenn man in La Paz ist! So eine beeindruckende Landschaft habe ich noch nie gesehen; ich kann mir nicht vorstellen, das das noch zu toppen ist. Wir genehmigen uns in der dortigen Bar ein Bier. Die Bar heisst bezeichnenderweise "Mosquito-Pub". Ich habe mein Repellent (Wirkstoff DEET) aufgetragen und auch alle anderen haben sich damit eingerieben. Das Zeug scheint aber nicht bei jedem zu helfen: 2 Mädels waren nach einer Stunde total zerstochen, und dass obwohl sie weisse Kleidung anhatten und sich extra in der Sonne aufgehalten haben. Eine hat ein paar wenige Stiche abbekommen, wir anderen 3 keinen einzigen Stich!
  • ca. 14 Uhr: Wir sind in den Dschungel gelaufen, wo sich vor 3 Jahren eine ungarische Familie ein Anwesen gebaut hat. Es ist ein Paradies: die besten Duschen, die ich in Bolivien gesehen habe, alles grünt und blüht, Vögel zwitschern, Bananen wachsen im Garten und wir bekommen welche direkt vom Baum zu essen, dazu gibt es eine herrliche Terrasse, auf dem das Essen als Buffet angerichtet ist. Dazwischen hüpfen die Kinder der Ungarn herum. Ich esse Pasta-Nudeln mit Hackfleisch, so wie alle anderen auch. Ich vermeide extra den Salat.
  • ca. 15:30 Uhr, wir fahren mit dem Auto nach La Paz zurück. Die Fahrt ist einmalig schön, denn man kann die Landschaft noch mehr geniessen. Die Hänge sind so steil und die Täler so unglaublich tief und doch gibt es immer wieder Häuser und es wird auf unterassierten! Feldern angebaut. Die neue Strasse nach La Paz ist eine Meisterleistung der Ingenieure. An vielen Stellen, bewegt sich der Hang aber natürlicherweise, so dass man die Strasse dann mit Natursteinen gepflastert hat, da das besseren Regenabfluss gewährleistet und schneller zu reparieren ist. An anderen Stellen haben sie armdicke Anker zig Meter in den Fels gebohrt, und trotzdem ist die Natur stärker: Eine dieser gigantischen armierten Wände hat es halb weggerissen - beeindruckend. Aber man hat schnell eine Umgehung improvisiert. Wenn man nicht schwindelfrei ist, sollte man aber besser nicht aus dem Bus schauen ;-).
  • ca. 18:00, wieder auf 3600 m bekomme ich schlagartig Darmkrämpfe
  • ca. 19:30, ich habe es bis La Paz ausgehalten und schaffe is mit letzter Kraft auf eine Toilette. Ich habe Durchfall, Erbrechen, bekomme Schüttelfrost und Fieber.
  • ca. 20 Uhr, in der Radstation ist man ratlos aber der Wirt, der mir am Morgen das Wasser übergeschüttet hat, kümmert sich vorbildlich um mich: Ich bekomme zwei Coca-Tees, dazu Elektrolytlösung.
  • ca. 21 Uhr, ich habe erst mal kein Schüttelfrost mehr und kann von der Toilette runter. Man will mich ins Krankenhaus schaffen, aber ich will nicht, da der Arzt in Chile meinte, dass man sich erst Sorgen machen muss, wenn das Fieber am nächsten Morgen nicht weg ist. Ich nehme ein Taxi und der Taxifahrer klärt mich auf: Selbst Bolivianer bekommen Höhenkrankheit. Meist liegt es am Essen. Es muss nicht verseucht sein, es reicht schon, dass es zu "schwer" ist, also Fleisch, Mayonnaise u.Ä. Ausserdem habe ich an einem Tag mal eben 9000 Höhenmeter zurückgelegt. Das führt selbst bei Einheimischen manchmal zur Kotzerei. Für das Fieber hat aber auch er keine Erklärung. Schüttelfrost kann aber vorkommen.
  • ca. 23 Uhr, nachdem die Paracetamoltablette wirkt, kann ich endlich im Hotel einschlafen. Binnen 3 Stunden habe ich aber allein durch normales Wasserlassen ca. 3 Liter Wasser verloren - irre. Der Wirt der Radsstation hatte mir aber netterweise noch zwei Cola-Flaschen mitgegeben, so dass ich über Nacht etwas nachfüllen konnte.
Heute bin ich um 9 Uhr aufgewacht und fast alles ist wieder normal. Nur der Darm muckert noch rum und produziert Abgase, die man als Kampfmittel einsetzen könnte ;-). Ich habe daher heute Pause gemacht und war nur auf einer Stadtrundfahrt mit einem Bus. In der Apotheke habe ich mich mit Elektrolyten eingedeckt, kann jetzt aber das widerliche Zeugs kaum noch ab; aber Medizin muss ja auch nicht schmecken. Wenn morgen weiterhin alles klar ist, werde ich mich erst mal nur bis Oruru wagen, denn dass sind nur 6 Stunden Fahrt. Nach Uyuni sind es 10, derzeit wegen der vom Regen kaputten Strassen ca. 18 Stunden. In den Bussen gibt es keine Toiletten und es wird nur aller 4 Stunden für eine Toilettenpause angehalten...

Euch allen ein entspanntes Wochenende und macht euch wegen des Erdbebens in Japan keine Sorgen. Atomkraft ist sicher! Darum lassen wir unsere Meiler ja auch länger laufen und bauen in Europa wieder neue.

Extreme Bilder

Die Radeltruppe - alle aus Deutschland, die sich alle kannten, aber in 3 Gruppen durch Südamerika reisen und sich für nur 2 Tage in La Paz getroffen haben. Hat sehr viel Spass mit ihnen gemacht. Das Bild ist am Anfang der Tour auf 4600 m Höhe bei ca. 5ºC und Nieselregen.
Ich auf meiner Extra-Tour namens "Delirium". Die ersten 1000 Hm habe ich mit einem Guide ohne den Rest der Gruppe zurückgelegt. Es war sehr anstrengend, da mir oft einfach der Sauerstoff gefehlt hat. Zudem war das Gelände eine Mischung aus einer alten Fahrstrasse, Bachbetten, unzähligen Flussdurchfahrten, Geröllhalden, aufgeweichten Grashängen. Kurzum, genau wie ich es mir gewünscht hatte.
Blick ins Tal auf der Delirium - atemberaubend, im wahrsten Sinne des Wortes. Es gab 3 Singletracks auf der Strecke, ich habe nur einen davon gemacht (nur 500 Meter lang) und war danach ziemlich fertig. Aber auch auf der "normalen" Route war es schon anstengend genug. Ach so, war übrigens mein erstes Mal auf einem Mountainbike und meine erste Downhilltour überhaupt. Hätte ich das vorher gesagt, hätten die mich wahrscheinlich nicht dafür zugelassen ;-). Diese Route wird von kaum einer Firma angeboten, so dass die Leute in den Häusern entlang der Strecke wie die Eichhörnchen geschaut haben, was für 2 kaputte Leute da runtercrossen. Die Hunde der Leute sind fürs Bewachen abgerichtet und es war daher immer ein Adrenalinstoss, wenn die in voller Geschwindigkeit neben einem herrennen und versuchen ins Rad zu schnappen.
Einer von hunderten! Wasserfällen, die es nur in der Regenzeit gibt. Viele davon sind über hundert Meter hoch.
Platten ereilten uns auch. Es traf meinen Führer namens Salomon. Ich war schockiert als ich sah, dass sein Ersatzschlauch schon 6 Mal geflickt war. Er muss sich nämlich seine Fahrradausrüstung selbst kaufen und hatte daher auch ein deutlich schlechteres Fahrrad und schlechtere Ausrüstung als ich, denn so etwas ist für ihn einfach nicht bezahlbar - das ist Ausbeutung! Ich habe ihm 2,5 € für einen neuen Schlauch gegeben und das hinterher auch bei seinem Chef angesprochen - mehr konnte ich leider nicht tun.
Typische Ansicht der "Death Road". Auf 3600 m Höhe sind wir wieder auf unsere Gruppe getroffen, da dort erst die eigentliche death road losgeht. Sie ist überhaupt nicht gefährlich, da dort ja mal LKW fuhren, ist sie recht eben und breit. Wenn man nicht gerade an der Höhenkrankheit leidet, ist die für jeden, der durchnittlich fit ist, poblemlos zu meistern. Alpenstrassen sind genauso gefährlich, da es ja da auch meist keine Leitplanken gibt, der einzige Unterschied ist, dass die Alpenstrassen asphaltiert sind und es "nur" hundert Meter runtergeht, hier sind es über tausend. Aber alles über 20 Meter ist bein runterfallen auch egal.
Ein Erdrutsch, der aber Problemlos zu klettern war. Der zweite Erdrutsch war viel gravierender und wir haben eine halbe Stunde gebraucht unsere Räder per Meschenkette rüberzubringen. Das Ganze direkt in der Geröllhalde, die ja weiter rutschen könnte und direkt am Abhang - nichts für schwache Nerven.
Ein weiterer Wasserfall. Durch einige davon musste man direkt durch fahren, bei anderen war man direkt hinter dem Wasserfall - wie geil!
Die Landschaft ist so einmalig, ich kann es nicht auf Fotos bannen - man MUSS es gesehen haben. Hier haben wir auf ca. 2500 m die Wolkengrenze erreicht und es wurde schlagartig sehr warm. Unten auf 1100 m waren es dann an die 30 ºC - mein erstes mal in den Tropen!
Blick auf La Paz auf dem Rückweg.
Diesen hübschen Vogel, eine Art Kolibri, habe ich heute, einen Tag nach der Tour in einem Park "abgeschossen".
Auf deisem "Gestein" ist La Paz gebaut. Daher haben die auch so ein Problem mit Erdrutschen und man kann sie auch nicht verhindern.
Hexenmarkt in La Paz - man beachte die getrockneten Lama-Föten. Die braucht man für bestimmte Fruchtbarkeitsbehandlungen.

La Paz-Bilder

Bevor ich den aufregendsten Tag meiner Reise beschreibe, gibt es erstmal Bilder.

La Paz. Mein zweites Hotel: Ehemaliges Wohnhaus eines Präsidenten, mein erstes Hotel war ein sogenanntes "Party-Hostal". Da sind alle am Abfeiern, pennen in 6-12 Bett-Dorms und sind max. 25 Jahre alt, können kein Spanisach, sind Mega-Hip und sind hauptsächlich hier, weil es so billig ist. Das war nichts für mich.
Am Denkmal für Simon Bolivar am Prado, der Hauptstrasse La Paz'.
Eine der ultra-steilen Strassen. Man fährt sie nur runter, denn rauf würden es nur Geländewagen schaffen.
Ein sogenannter Comedor: Im Erdgeschoss kann man alle Zutaten für ein Essen kaufen und im Obergeschoss...
...kann man sich es in den Küchen kochen lassen, oder man stellt sich aus vorgekochten Sachen sein Menü zusammen. Es gibt hier übrigens nur das zu kaufen, was gerade geerntet wird. Gefällt mir gut, denn bei uns und auch in Chile gibt es unnötigerweise immer jede Frucht zu kaufen.
Der stillgelegte Bahnhof von La Paz. Bezeichnenderweise ist er nun ein Parkplatz.
Typische Strassenszene - nur echt mit Abgaswolke eines Busses ;-) . Man sieht aber, dass La Paz viele schöne Häuser hat.
Im Valle de Luna, im Süden von La Paz.
Copacabana ist nur über diese Wasserstrasse im Titicacasee von Bolivien aus zu erreichen. So wird der Bus rübertransportiert, aus Sicherheitsgründen müssen die Passagiere ein anderes Boot nehmen.
Blick auf Copacabana, gesehen von einem Inka-Heiligtum namens El Sapo - ein Felsen, der wie ein Frosch aussieht. Am Faschingsdienstagmorgen sind um 6 Uhr alle Kinder der Stadt darauf gepilgert. Man hat mir versucht zu erklären warum, aber ich habe es leider nicht begriffen.
Auf der Isla Del Sol, fotografiert von einem Profi-Fotografen.

Mar 9, 2011

Fragen über Fragen

Heute zu Gast im Interview ist guwko.
  • Hallo guwko, wo bist du gerade?
  • In La Paz, Bolivien.
  • Und was machst du da?
  • Ich musste mich erst akklimatisieren und habe daher erst mal 3 Tage (Freitag bis Montag) hier verbracht.
  • Wieso akklimatisieren?
  • La Paz liegt zwischen 3200 und 4100 m hoch und ich bin von Santiago (ca. 300 m hoch ) direkt hierher geflogen (mit Zwischenstops in Antofagasta und Arica, also quasi 3 Flüge in einem). Man landet hier in El Alto auf 4058 m, meine Hostals hier liegen alle so auf 3700 m. Es ist schon irre was Menschen für Geld so auf sich nehmen und in 4000 Metern Höhe eine Stadt bauen. Die Stadt ist wirklich sehr interessant und sehenswert. Leider sind die Abgase der Autos extrem: Es gibt hier z.B. Busse der Marke Mopar, die haben Nissan-Dieselmotoren verbaut und 3 Auspuffe! Wenn die Gas geben, kann man erstmal nicht atmen und man sieht auch kaum noch was. (Wirkt besser als jeder Wasserwerfer ;-) ). Aber auch die anderen Autos sind uralt, so fahren hier noch Autos der Marke Datsun herum, die es seit den Achtzigern nicht mehr gibt. Daher riecht es in der ganzen Stadt leider immer nach Abgasen. Ausserdem sind die Strassen hier extremst steil. (Es gibt generell keine flachen Strassen in La Paz.) Einige sind sogar zu steil für Autos. Eine davon ist eine betonierte Marktstrasse und wenn es regnet, hat man echt Probleme, dass man die Strasse nicht runterrutscht.
  • Ja und nach der Akklimatisation?
  • War ich am Titikakasee in Copacabana, dazu passt Superfunk - Last Dance in Copacobana
  • Ach ja, dein Mukke-Tick. Dem Lied nach, scheint es ja sehr entspannt da zu sein.
  • Auf jeden! Nur das Wetter ist etwas anstrengend, da sich Wolkenbrüche mit herrlichstem Sommerwetter im Stundentakt abwechseln. Hier oben ist es im Schatten max. 13°C, sobald die Sonne aber rauskommt, kann man aber bequem im T-Shirt draussen sitzen.
  • Warst du dann auch auf der peruanischen Seite mit den schwimmenden Inseln?
  • Nein, dafür aber auf der Isla del Sol, die ihrem Namen an diesem Tag zum Glück alle Ehre machte. Ich bin mit dem Boot für satte 2,50 E 2,5 h mit dem Boot von Cobacabana in den Norden der Insel gefahren und dann in einer strammen Wandertour mit einem schweizer Fotografen auf der Insel über mehrere 4000er-Hügel nach Süden. Der Süden ist mit den Inka-Terassen bedeckt und die Stadt dort ist einfach nur noch entspannend. Ich bereue es, dass ich nicht eine Nacht dort bleiben konnte, aber das ist jetzt ne andere Geschichte. Im 2,50 E Fährpreis war auch gleich nuch die Rückfahrt inbegriffen. (Die, die kein Spanisch konnten, mussten aber nochmal zahlen, das ist hier so üblich.)
  • Was für ne Geschichte meinst du?
  • Nun ja, ich hatte einfach kein Geld.
  • Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen, wir wollen Fakten!
  • Wenns sein muss: - Hier war bis heute Karneval und daher hatten alle Banken, und daher auch die Bankomaten geschlossen. Alle Einheimischen meinten aber, dass es in Copacabana einen Automaten geben müsste. Den gab es auch (wirklich nur einen) und er hat meine VISA-Kreditkarte einbehalten. Meine Zweit-Kreditkarte von Mastercard funktionierte nicht, da der Mastercard-Server in Bolivien wohl nicht ansprechbar war. (Ich habe einen Kanadier getroffen, der nur eine Mastercard hatte und daher 3 Stunden mit dem Bus bis nach Puno (Peru) losgefahren ist, in der Hoffnung, dass er dort Geld bekommt.) Nun gut, die Kreditkarten-Sperrhotline war in Bolivien auch nicht erreichbar und die Frau der Automatenhotline meinte nur, was denn mein Problem wäre, es sei schliesslich Karneval und in drei Tagen haben die Banken wieder auf. Ich hatte aber genau noch 25 E. Nach einer halben Stunde Telefoniererei mit meinem chilenischen Handy nach den USA zu VISA (für 5 $ die Minute!) kam dann heraus, dass mir meine deutsche Bank meine Kreditkarte, die bis Ende Juni gültig ist, ungültig gemacht hat. Man hätte mir im Februar eine Neue geschickt und ich soll doch die nehmen. Die eingezogenen Karte kann aus Sicherheitsgründen nicht wieder entsperrt werden. Netterweise hat man mir aber eine Notfallkarte bewilligt, die innerhalb von 48 Stunden bei mir wäre. Da ich aber hier keine Adresse habe, dachte ich, man könnte sie an die deutsche Botschaft in La Paz schicken. Aber die weigern sich Privatpost anzunehmen, denn es könnte ja eine Bombe drin sein. Ausserdem stellte sich heraus, dass die Karte statt 48 Stunden mindestens 7 Tage bis La Paz brauchen würde. Aber man hat mir Notfallgeld über Western Union bewilligt und so bin ich mit meinem letzten Geld wieder nach La Paz und habe seit eben einen Haufen Bargeld an mir, der für die gesamte Tour reichen muss. Aber das wird schon gehen, denn das Hotel in Copacabana hat z.B. nur 5 E die Nacht im Einzelzimmer mit eigenem Bad und Frühstück gekostet. Dennoch war es ein komisches Gefühl auf jeden Boliviano (1 E = 10 B) achten zu müssen. Aber so war ich statt für 60 B Mittag zu essen wie die Touris, für 8 B in einer speziellen Markthalle. Im Erdgeschoss der Halle kann man alle Zutaten kaufen und sie sich dann im Obergeschoss von einer der ca. 40! Kleinküchen kochen lassen. Und so habe ich für 8 B einen Pfirsichsaft, eine Suppe und Hühnchen mit Reis mit einer speziellen Sauce bekommen.
  • Danke, so ausführlich hätte es dann doch nicht sein müssen. Themawechsel; wie finden sie denn Land und Leute?
  • Ich bin begeistert, denn die Leute sind einfach fröhlich drauf. Es wird viel gelacht und das Soziale ist viel, viel wichtiger als das Kommerzielle. So wurde im Bus nach Copacabana gemeinsam gebetet, gesungen und rumgeblödelt (man bekam einen gelben oder blauen Schal um, den man schnell jemand anderem umbinden musste). Mir gefällt die Lebenseinstellung: Buen vivir. Karneval wurde in La Paz wegen der Erdrutsche vergangener Woche abgesagt, aber die Kinder haben es sich nicht verbieten lassen und so war trotzdem mächtig was los. Die Tradition ist hier, dass man sich mit Wasserbomben bewirft und mit Rasierschaum einsprüht. Witzigerweise hat sich an mich keiner rangetraut, aber ich habe meine Duschen dann aus fahrenden Autos und von Balkonen heraus bekommen. Ansonsten ist hier Karneval wie in Deutschland auch: Es gibt einen Umzug mit kostümierten Leuten, und danach wird eigentlich immer gesoffen und, wenn man noch stehen kann, auch getanzt (aber keine speziellen Tänze, nicht mal Paartanz). Das ganze Land war besoffen: Taxi- und Busfahrer, die Polizei und auch die Armee. Ein Taxifahrer meinte zu mir, dass er ein bisschen besoffen sei und ob das OK wäre. Klar war es OK, denn sonst könnte ich ja gar nicht mit einem Auto fahren - und er ist ganz normal gefahren und war zudem noch spottbillig. Gestern traf ich einen Kölner der auf dem Karneval in Orouro war (DAS Highlight hier in Bolivien, dass ich leider um einen Tag verpasst habe) und er meinte, dass das in Köln aber noch viel extremer wäre. Auf der Isla del Sol und auch in Copacabana habe ich allerdings auch streng evangelisch religiöse Leute getroffen, die jeden Tropfen Alkohol ablehnen. Die sassen dann wie bestellt und nicht abgeholt neben der Party und haben zugeschaut. Ansonsten könnte ich noch viele kleine Geschichten erzählen, die einfach zum Schmunzeln sind.
  • OK, eine noch.
  • Ich wollte eine Zeitung kaufen, da ich gerade am Verlagsgebäude stand. Dort gab es einen Schalter, bei dem ich meinen Namen und meinen Wunsch angeben musste. Dann bekam ich einen Zettel in 3-facher Ausführung (sogar verschiedenfarbig). Mit denen bin ich dann zu einem anderen Schalter gegangen, habe dort bezahlt und bin mit zwei Zetteln zurück zum ersten Schalter, wo ich dann die Zeitung bekam. Dazu gab es einen Zettel mit 3 Stempeln drauf. Am nächsten Tag habe ich mir die Zeitung einfach am Kiosk gekauft, ohne Zettel und ohne Namen anzugeben - geht auch.
  • Und was willst du jetzt noch machen?
  • Ehe ich es vergesse, ich war hier in La Paz noch im Valle de Luna - sehr beeindruckend. Morgen geht es die Death Road hinunter. Man möge mir die Daumen drücken, denn ich habe mich für eine schwierigere Route entschieden (ich umfahre das erste Asphaltstück) und ausserdem ist vom Regen alles aufgeweicht. Danach geht es nach Sucre und dann in den Salar de Uyuni. Dort will ich eine 3-Tagestour mit einem Jeep machen. Da die Autos durch das Salz fahren, gehen sie ständig kaputt. Aber wird schon, ich darf halt nur nicht ernsthaft krank werden, da es nur in den ganz grossen Städten Ambulanzen gibt. Ich habe ja jetzt Bares dabei und das ist hier besser als jede Versicherung oder Kreditkarte. (Nach alldem was ich bisher in Chile und hier mitbekommen habe, frage ich mich echt, wozu Mediziner eigentlich den Eid des Hippokrates schwören, denn ohne Bares geht einfach gar nichts, nicht mal im Notfall.)
  • Warum gibt es keine Bilder?
  • Hier gibt es zwar an jeder Ecke Internet für wenig Geld mit guter Bandbreite, aber die können meine SD-Karte nicht auslesen. Ein SD-auf-USB-Kabel konnte ich noch nicht auftreiben.
  • Eine blöde Frage zum Schluss: Warum interviewst du dich eigentlich selbst?
  • Wer sollte mich hier denn sonst auf Deutsch interviewen? Und ausserdem passt ja auch nur einer an die Tastatur und es soll ja schnell gehen. Zudem vermeide ich so, falsch zitiert zu werden, wie es ja ständig den Politikern passiert.
  • OK, die Höhenluft macht sich wohl bei dir bemerkbar.
  • Nein, erstaunlicherweise habe ich bisher keine Probleme, werde nur schnell müde. Montezumas Rache hat mich bisher auch verschont.
  • Na dann wünschen wir eine gute Weiterreise.
  • Danke.