Mar 9, 2011

Fragen über Fragen

Heute zu Gast im Interview ist guwko.
  • Hallo guwko, wo bist du gerade?
  • In La Paz, Bolivien.
  • Und was machst du da?
  • Ich musste mich erst akklimatisieren und habe daher erst mal 3 Tage (Freitag bis Montag) hier verbracht.
  • Wieso akklimatisieren?
  • La Paz liegt zwischen 3200 und 4100 m hoch und ich bin von Santiago (ca. 300 m hoch ) direkt hierher geflogen (mit Zwischenstops in Antofagasta und Arica, also quasi 3 Flüge in einem). Man landet hier in El Alto auf 4058 m, meine Hostals hier liegen alle so auf 3700 m. Es ist schon irre was Menschen für Geld so auf sich nehmen und in 4000 Metern Höhe eine Stadt bauen. Die Stadt ist wirklich sehr interessant und sehenswert. Leider sind die Abgase der Autos extrem: Es gibt hier z.B. Busse der Marke Mopar, die haben Nissan-Dieselmotoren verbaut und 3 Auspuffe! Wenn die Gas geben, kann man erstmal nicht atmen und man sieht auch kaum noch was. (Wirkt besser als jeder Wasserwerfer ;-) ). Aber auch die anderen Autos sind uralt, so fahren hier noch Autos der Marke Datsun herum, die es seit den Achtzigern nicht mehr gibt. Daher riecht es in der ganzen Stadt leider immer nach Abgasen. Ausserdem sind die Strassen hier extremst steil. (Es gibt generell keine flachen Strassen in La Paz.) Einige sind sogar zu steil für Autos. Eine davon ist eine betonierte Marktstrasse und wenn es regnet, hat man echt Probleme, dass man die Strasse nicht runterrutscht.
  • Ja und nach der Akklimatisation?
  • War ich am Titikakasee in Copacabana, dazu passt Superfunk - Last Dance in Copacobana
  • Ach ja, dein Mukke-Tick. Dem Lied nach, scheint es ja sehr entspannt da zu sein.
  • Auf jeden! Nur das Wetter ist etwas anstrengend, da sich Wolkenbrüche mit herrlichstem Sommerwetter im Stundentakt abwechseln. Hier oben ist es im Schatten max. 13°C, sobald die Sonne aber rauskommt, kann man aber bequem im T-Shirt draussen sitzen.
  • Warst du dann auch auf der peruanischen Seite mit den schwimmenden Inseln?
  • Nein, dafür aber auf der Isla del Sol, die ihrem Namen an diesem Tag zum Glück alle Ehre machte. Ich bin mit dem Boot für satte 2,50 E 2,5 h mit dem Boot von Cobacabana in den Norden der Insel gefahren und dann in einer strammen Wandertour mit einem schweizer Fotografen auf der Insel über mehrere 4000er-Hügel nach Süden. Der Süden ist mit den Inka-Terassen bedeckt und die Stadt dort ist einfach nur noch entspannend. Ich bereue es, dass ich nicht eine Nacht dort bleiben konnte, aber das ist jetzt ne andere Geschichte. Im 2,50 E Fährpreis war auch gleich nuch die Rückfahrt inbegriffen. (Die, die kein Spanisch konnten, mussten aber nochmal zahlen, das ist hier so üblich.)
  • Was für ne Geschichte meinst du?
  • Nun ja, ich hatte einfach kein Geld.
  • Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen, wir wollen Fakten!
  • Wenns sein muss: - Hier war bis heute Karneval und daher hatten alle Banken, und daher auch die Bankomaten geschlossen. Alle Einheimischen meinten aber, dass es in Copacabana einen Automaten geben müsste. Den gab es auch (wirklich nur einen) und er hat meine VISA-Kreditkarte einbehalten. Meine Zweit-Kreditkarte von Mastercard funktionierte nicht, da der Mastercard-Server in Bolivien wohl nicht ansprechbar war. (Ich habe einen Kanadier getroffen, der nur eine Mastercard hatte und daher 3 Stunden mit dem Bus bis nach Puno (Peru) losgefahren ist, in der Hoffnung, dass er dort Geld bekommt.) Nun gut, die Kreditkarten-Sperrhotline war in Bolivien auch nicht erreichbar und die Frau der Automatenhotline meinte nur, was denn mein Problem wäre, es sei schliesslich Karneval und in drei Tagen haben die Banken wieder auf. Ich hatte aber genau noch 25 E. Nach einer halben Stunde Telefoniererei mit meinem chilenischen Handy nach den USA zu VISA (für 5 $ die Minute!) kam dann heraus, dass mir meine deutsche Bank meine Kreditkarte, die bis Ende Juni gültig ist, ungültig gemacht hat. Man hätte mir im Februar eine Neue geschickt und ich soll doch die nehmen. Die eingezogenen Karte kann aus Sicherheitsgründen nicht wieder entsperrt werden. Netterweise hat man mir aber eine Notfallkarte bewilligt, die innerhalb von 48 Stunden bei mir wäre. Da ich aber hier keine Adresse habe, dachte ich, man könnte sie an die deutsche Botschaft in La Paz schicken. Aber die weigern sich Privatpost anzunehmen, denn es könnte ja eine Bombe drin sein. Ausserdem stellte sich heraus, dass die Karte statt 48 Stunden mindestens 7 Tage bis La Paz brauchen würde. Aber man hat mir Notfallgeld über Western Union bewilligt und so bin ich mit meinem letzten Geld wieder nach La Paz und habe seit eben einen Haufen Bargeld an mir, der für die gesamte Tour reichen muss. Aber das wird schon gehen, denn das Hotel in Copacabana hat z.B. nur 5 E die Nacht im Einzelzimmer mit eigenem Bad und Frühstück gekostet. Dennoch war es ein komisches Gefühl auf jeden Boliviano (1 E = 10 B) achten zu müssen. Aber so war ich statt für 60 B Mittag zu essen wie die Touris, für 8 B in einer speziellen Markthalle. Im Erdgeschoss der Halle kann man alle Zutaten kaufen und sie sich dann im Obergeschoss von einer der ca. 40! Kleinküchen kochen lassen. Und so habe ich für 8 B einen Pfirsichsaft, eine Suppe und Hühnchen mit Reis mit einer speziellen Sauce bekommen.
  • Danke, so ausführlich hätte es dann doch nicht sein müssen. Themawechsel; wie finden sie denn Land und Leute?
  • Ich bin begeistert, denn die Leute sind einfach fröhlich drauf. Es wird viel gelacht und das Soziale ist viel, viel wichtiger als das Kommerzielle. So wurde im Bus nach Copacabana gemeinsam gebetet, gesungen und rumgeblödelt (man bekam einen gelben oder blauen Schal um, den man schnell jemand anderem umbinden musste). Mir gefällt die Lebenseinstellung: Buen vivir. Karneval wurde in La Paz wegen der Erdrutsche vergangener Woche abgesagt, aber die Kinder haben es sich nicht verbieten lassen und so war trotzdem mächtig was los. Die Tradition ist hier, dass man sich mit Wasserbomben bewirft und mit Rasierschaum einsprüht. Witzigerweise hat sich an mich keiner rangetraut, aber ich habe meine Duschen dann aus fahrenden Autos und von Balkonen heraus bekommen. Ansonsten ist hier Karneval wie in Deutschland auch: Es gibt einen Umzug mit kostümierten Leuten, und danach wird eigentlich immer gesoffen und, wenn man noch stehen kann, auch getanzt (aber keine speziellen Tänze, nicht mal Paartanz). Das ganze Land war besoffen: Taxi- und Busfahrer, die Polizei und auch die Armee. Ein Taxifahrer meinte zu mir, dass er ein bisschen besoffen sei und ob das OK wäre. Klar war es OK, denn sonst könnte ich ja gar nicht mit einem Auto fahren - und er ist ganz normal gefahren und war zudem noch spottbillig. Gestern traf ich einen Kölner der auf dem Karneval in Orouro war (DAS Highlight hier in Bolivien, dass ich leider um einen Tag verpasst habe) und er meinte, dass das in Köln aber noch viel extremer wäre. Auf der Isla del Sol und auch in Copacabana habe ich allerdings auch streng evangelisch religiöse Leute getroffen, die jeden Tropfen Alkohol ablehnen. Die sassen dann wie bestellt und nicht abgeholt neben der Party und haben zugeschaut. Ansonsten könnte ich noch viele kleine Geschichten erzählen, die einfach zum Schmunzeln sind.
  • OK, eine noch.
  • Ich wollte eine Zeitung kaufen, da ich gerade am Verlagsgebäude stand. Dort gab es einen Schalter, bei dem ich meinen Namen und meinen Wunsch angeben musste. Dann bekam ich einen Zettel in 3-facher Ausführung (sogar verschiedenfarbig). Mit denen bin ich dann zu einem anderen Schalter gegangen, habe dort bezahlt und bin mit zwei Zetteln zurück zum ersten Schalter, wo ich dann die Zeitung bekam. Dazu gab es einen Zettel mit 3 Stempeln drauf. Am nächsten Tag habe ich mir die Zeitung einfach am Kiosk gekauft, ohne Zettel und ohne Namen anzugeben - geht auch.
  • Und was willst du jetzt noch machen?
  • Ehe ich es vergesse, ich war hier in La Paz noch im Valle de Luna - sehr beeindruckend. Morgen geht es die Death Road hinunter. Man möge mir die Daumen drücken, denn ich habe mich für eine schwierigere Route entschieden (ich umfahre das erste Asphaltstück) und ausserdem ist vom Regen alles aufgeweicht. Danach geht es nach Sucre und dann in den Salar de Uyuni. Dort will ich eine 3-Tagestour mit einem Jeep machen. Da die Autos durch das Salz fahren, gehen sie ständig kaputt. Aber wird schon, ich darf halt nur nicht ernsthaft krank werden, da es nur in den ganz grossen Städten Ambulanzen gibt. Ich habe ja jetzt Bares dabei und das ist hier besser als jede Versicherung oder Kreditkarte. (Nach alldem was ich bisher in Chile und hier mitbekommen habe, frage ich mich echt, wozu Mediziner eigentlich den Eid des Hippokrates schwören, denn ohne Bares geht einfach gar nichts, nicht mal im Notfall.)
  • Warum gibt es keine Bilder?
  • Hier gibt es zwar an jeder Ecke Internet für wenig Geld mit guter Bandbreite, aber die können meine SD-Karte nicht auslesen. Ein SD-auf-USB-Kabel konnte ich noch nicht auftreiben.
  • Eine blöde Frage zum Schluss: Warum interviewst du dich eigentlich selbst?
  • Wer sollte mich hier denn sonst auf Deutsch interviewen? Und ausserdem passt ja auch nur einer an die Tastatur und es soll ja schnell gehen. Zudem vermeide ich so, falsch zitiert zu werden, wie es ja ständig den Politikern passiert.
  • OK, die Höhenluft macht sich wohl bei dir bemerkbar.
  • Nein, erstaunlicherweise habe ich bisher keine Probleme, werde nur schnell müde. Montezumas Rache hat mich bisher auch verschont.
  • Na dann wünschen wir eine gute Weiterreise.
  • Danke.

1 comment:

  1. :D

    Ich das Sich-selbst-interviewen auch so ein Symptom dieser sog. Höhenkrankheit?

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