Mar 24, 2011

Schon gewusst,

dass in Bolivien
  • der Lieblingssnack Kartoffeln mit Ei ist? Im Bus war das DER Renner. In einer Plastiktüte sind zwei in Stücke geschnittene Kartoffeln mit zwei geschälten, gekochten Eiern. Dazu gibt es oft Saft, der in ein Plastiksäckchen abgefüllt ist. Man beißt in den Sack und zutscht ihn aus. Diesen Snack gibt es in vielen Comedoren am Straßenrand zu kaufen.
  • es auf keiner Toilette Klopapier gibt? Noch nicht einmal in Restaurants, egal wie gut die sind. Daher sollte man immer genügend Papiertaschentücher dabei haben. An den Hotelrezeptionen wird auch immer Klopapier verkauft.
  • es fast nie Seife gibt? Auch nicht in den meisten Restaurants. Deswegen, hatte ich immer Shampoo als Flüssigseifenersatz mit dabei.
  • die allermeisten Hotels nur Einfachverglasung haben und nicht beheizbar sind? Zum Glück war ich im Sommer dort und hatte meinen Schlafsack dabei. Für alle über 1,80 m empfehle ich unbedingt einen Schlafsack, da man sich sonst wegen der kurzen Betten die Füße abfriert. Da die Zudecken oft recht, na ja, eklig sind, empfiehlt sich aber generell ein Schlafsack als Zudecke. Im Winter kann man in manchen Hotels auch Heizlüfter für die Nacht mieten.
  • man untereinander meist, je nach Region, Qechua, Aymara, oder eine andere Sprache spricht? Vor allem Qechua hört sich interessant an, da es viele Röchellaute gibt. Im Bus fragte mich ein älterer Mann, ob ich mit ihm meinen Sitz tauschen kann, da er Platz für sein "Wauwau" bräuchte. Ich meinte, dass es kein Problem ist, wenn er sich mit seinem Hund da hinsetzt. Der Mann und auch die Leute im Bus schauten mich empört an, denn "Wauwa" heißt auf Qechua "Baby" und so brauchte er Platz für seinen Enkel.
  • die Obergrenze der Transportpreise staatlich festgelegt sind? So gibt es in jedem Busbahnhof eine Liste mit Obergrenzen, je nach Reiseziel und Busklasse (Schlafbus, etc.). In Sucre bezahlt man als Schüler 0,7 B. (= 7 Cent) pro Busfahrt. Wegen der gestiegenen Spritpreise, wollen die Busfahrer aber 0,9 B. haben. Das kann die Stadt nicht bezahlen und so kam es wegen 2 Cent Fahrpreiserhöhung zum Streik der Busfahrer. In Potosí erwischte ich einen der letzten Busse nach La Paz, bevor die auch in diesem Departement einen 48-stündigen Streik deswegen angefangen haben.
  • die Leute leider rassistisch sind? So mögen die Leute im Tiefland Boliviens in Santa Cruz die Leute aus dem Altiplano nicht. In Santa Cruz leben meist Weiße, die die Indios nicht leiden können. So erzählten mir mehrere Leute, dass sie in Santa Cruz nicht in Geschäfte gelassen werden, wenn sie in ihrer Tracht auftauchen. Aber auch im Altiplano ist man nicht viel besser. So äußert man sich zum Teil sehr abfällig in den Städten über Leute vom Land. Und das obwohl von denen die Nahrungsmittelversorgung der Städte abhängt. 
  • Coca allgegenwärtig ist? Coca kann man für sehr wenig Geld an jedem Markt kaufen. Die Blätter brüht man mit kochendem Wasser auf und fertig ist der Mate de Coca. Er soll gegen die Höhenkrankheit helfen, also habe ich jeden Tag ein bis zwei Tees getrunken. Eine psychedelische Wirkung kann man davon aber nicht erwarten. Coca kauen wirkt nachweislich ab ca. 15 Blättern pro Backe im Mund. Kauen tun aber eigentlich nur Leute, die körperlich schwer arbeiten, wie Bauarbeiter, Bergmänner und Bauern. Der Staat mischt wohl recht offen im Coca-Anbau mit. Der Präsident des Landes ist ja ein ehemaliger Coca-Bauer und vertritt immer noch deren Interessen. Zudem gab es gerade einen Skandal, der die Misere offenbart: Die chilenische Drogenfahndung hat beim pensionierten Ex-obersten Drogenbekämpfer Boliviens (General Sanabria) eine Ladung Kokain geordert. Dieser hat diese nach Arica (Chile) geliefert und man hat ihn dann nach Panama gelockt, wo ihn die amerikanische Drogenfahndung DEA hat festnehmen lassen. Nun sitzt er in den USA in Haft und die Regierung Boliviens ist empört über die USA. Außerdem hätte die Regierung nichts von den Machenschaften Sanabrias gewusst. Aber es scheint ein offenes Geheimnis zu sein, dass die sehr wohl davon wussten. Ein Taxifahrer meinte zu mir, dass man an die 400 kg Coca-Blätter pro Kilo Kokain braucht. Um die angebaute Coca-Menge zu verbrauchen, müsste jeder Bolivianer Unmengen an Tee trinken. Ein Anderer meinte, dass ab und an mal eine Fabrik hochgenommen wird, in der 100 kg Kokain pro Tag produziert wurde. Dass so eine Fabrik geheim ist, ist unmöglich, denn für diese Menge Kokain braucht man ja Lastwagenladungen mit Blättern. Aber erst durch diesen riesigen Bedarf an Blättern für Kokain wird der Anbau rentabel.
  • die Leute viel, viel netter als in Chile sind? So hat man mir immer weiter geholfen, oft auch von sich aus mir Tipps für die nächste Stadt gegeben. Auf diese Weise bin ich auch auf die Stadt Tupiza gekommen, die ursprünglich gar nicht in meinem Plan war. Die Leute sind auch viel offener für andere Lebenswege. So werden auch Leute, die z.B. allein mit dem Fahrrad durchs Altiplano fahren herzlich aufgenommen und man ist ernsthaft interessiert an den Lebensgeschichten der Touristen. Viele Bolivianer sind sehr arm, aber trotzdem meist fröhlich. Wenn man lächelt, bekommt man eigentlich immer ein Lächeln zurück und man kann mit den Mädels flirten oder in Geschäften Späße machen. Egal wo man ist, es findet sich fast immer ein Gesprächsthema und man freut sich, wenn einem das Land gefällt. Hilft man den Leuten (z.B. in dem man seinen Sitzplatz anbietet und sich dafür auf den Boden setzt, beim Be- und Entladen von Bussen, etc.), wird das gemeinschaftlich honoriert und die Leute werden einem dann besonders weiterhelfen. Versteht man etwas nicht ganz, wird es einem in langsamem, deutlichem Spanisch noch einmal erklärt. (Diese eigentliche Selbstverständlichkeit findet man in Chile dagegen so gut wie nicht.) Kann man allerdings kein Spanisch, wird man schon gerne mal über den Tisch gezogen, vor allem was Transportpreise wie z.B. Taxi anbelangt.
  • viele Preise verhandeln kann? So sollte man vor dem Einsteigen in ein Taxi erst den Preis aushandeln. Aber auch Essens- oder Nahrungsmittelpreise sind bequem verhandelbar. Besonders bei Früchten sollte man handeln.
  • man 100 B. Scheine (Wert 10 €) oft nicht tauschen kann. So bin ich mit dem Taxi von Sucre zum Castillo de la Glorieta gefahren und wollte mir dort am Eingang ein Eis kaufen. Das ging nicht, da die kein Wechselgeld hatten. Auch am Eintritt zum Schloss konnte man mir nicht rausgeben, da ich ja der erste Gast nach der Mittagspause war und die überhaupt kein Geld in der Kasse hatten! Ich wollte dann entnervt ein Taxi zurück in die Stadt nehmen, dass mich aber nicht mitnahm, da es mir keine 100 B. wechseln könnte. So wartete ich eine Stunde, bis mir andere Besucher wechseln konnten und ich in das Schloss kam.
  • Leute die sich in Europa aufregen, wenn der Zug eine halbe Stunde später ankommt, in Bolivien total fehl am Platz sind? Erst ab über einer halben Stunde zu später Abfahrt, regen sich die Bolivianer auf (eigentlich immer nur die Frauen, die eh die Hosen an zu haben scheinen) - auch wenn es nie etwas bewirkt hat. Bei Überlandfahrten auf Schlammpisten, sollte man viel Zeit einplanen. Dass der Bus eine Panne hat und man 12 Stunden auf den nächsten warten muss, passiert wohl recht häufig, auch wenn ich davon verschont geblieben bin. Streiks gibt es eigentlich ständig. In meinen zweieinhalb Wochen habe ich z.B. 3 verschiedene Streiks mitbekommen: Busfahrer, Uni-Angestellte und Bergleute. Zu wichtigen Terminen wie dem Rückflug sollte man daher mindestens einen Puffertag einbauen.
  • Leute mit chronischen Krankheiten gefährlich leben? In Bolivien ist die medizinische Versorgung sehr mangelhaft und es gibt oft nicht einmal eine erste Hilfe-Station. So ist am Tag vor mir auf der Isla del Sol im Titicacasee einer umgekippt. Auf der Insel gab es keine Hilfe und so hat man ihn 2,5 Stunden mit dem Boot nach Copacabana gefahren. Aber auch dort gab es keine Hife, also hat man ihn nach einer Weile weitere 3 Stunden bis La Paz gefahren. Wird man auf einer Jeep-Tour von Uyuni aus krank, hat man ein richtiges Problem, denn das erste richtige Krankenhaus in Potosí ist dann 2 Tagesreisen entfernt. Die Ärztinnen, die ich in La Paz traf ,meinten, dass es schon gefährlich sei, wenn man regelmäßig Medikamente nehmen muss, denn wird einem die Tasche geklaut oder man verliert etwas, kann man es meist nicht nachkaufen.
  • ich wieder viele tolle Dinge zum ersten Mal konsumiert habe:
    - Papaya-Limonade getrunken. Die sieht quietschegelb aus und läuft gut rein.
    - Chirimoya gegessen. Was für eine Frucht! Sie rangiert hinter Feige, Birne und Granatapfel jetzt auf Platz 4 meiner Frucht-Besteliste.
    - diverse Süßkartoffeln gegessen. Diese können verschiedenen Farben haben und schmecken wie Kartoffeln mit viel kräftigerem Geschmack.
    - Kochbananen gegessen, ist nicht so mein Fall
    - "echte" Bananen gegessen - die sehen dunkelgelber aus als die normalen, sind druckempfindlicher und daher schlechter lagerbar, aber schmecken so unglaublich viel bananiger
    - Chuño gegessen, schmeckt sehr "erdig", nicht mein Fall
    - Salteñas gegessen; wie Empanadas, nur mit Fleischfüllung, Kartoffeln, Gemüse und süßer Soße. Daher muss man aufpassen, dass man sich nicht besabbert. Für mich die leckersten Teigtaschen überhaupt.
Leider habe ich den Namen dieser Knollen vergessen. Sie sind mit der Kartoffel verwandt und schmecken ähnlich.
Markthalle in Sucre - unterste Ebene
mittlere Ebene
Obere Ebene mit Comedor. Man sieht, dass es doch etwas an der Hygiene mangelt. Von Comedor-Essen bin ich aber nie krank geworden. Mein Fieber nach der Radtour war übrigens definitiv keine Höhenkrankheit, denn ich hatte keine Kopfschmerzen. Es war einfach das Essen. Das Essen am Vorabend war mit 85 B. das teuerste der ganzen Reise und ausgerechnet davon bin ich krank geworden. 

  • ein riesiges Alkoholproblem gibt? So kostet der halbe Liter 96%iger Alkohol nur 1,2 €. Daher sind viele schon Mittags besoffen, so wie der Fahrradverleiher in Tupiza (ich berichtete). Zu Karneval ist das ganze Land besoffen und man sollte daher Busfahrten vermeiden.

FAZIT
Bolivien ist auf meiner persönlichen Länderrangliste zusammen mit Rumänien jetzt auf Platz 1. Es ist so ein interessantes Land, in dem man locker 2 Monate Urlaub machen kann. Ich werde bestimmt wiederkommen, denn es fehlt mir ja das komplette Tiefland, die Stadt Cochabamba und der Südwesten mit der Laguna Verde. Gerade dieser Landesteil soll nach Aussage aller, Touristen und Einheimischer, der schönste Teil des Landes sein. Man kommt dahin nur mit mehrtägigen Jeeptouren, weswegen ich es aus Zeitgründen nicht gemacht habe. Zudem ist Bolivien sehr, sehr billig, der Service aber gut. Man muss sich nur locker machen und über die Unannehmlichkeiten, wie die Busfahrten, schmunzeln bzw. wissen was auf einen zukommt, dann hat man viel Spaß.

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