Mar 29, 2011

Stadt der schönen Frauen

Nach nur 3 Tagen Chile brauchte ich davon wieder eine Kur, denn ich wurde noch heftiger beschimpft als während meiner Reise durch den Süden Chiles. So wurde ich mehrfach von Jugendlichen bedroht, dass ich Scheiss-Gringo doch das Land verlassen soll. Viele heftige Erfahrungen, aber so weiss ich wenigstens aus eigener Erfahrung wie sich dumpfer Ausländerhass anfühlt. Ausserdem wurde ich mehrfach verbal aus Geschäften geworfen, sogar aus der Hauptzentrale der Tourismusbüros (weil ich nach einem aktuellen Buslininennetzplan gefragt habe). Als ich erzählte, dass ich in Bolivien war, haben die Leute nur den Kopf geschüttelt, wie man denn nur in so ein rückständiges Land fahren kann. Selbst in den Geldwechselgeschäften kannten die Bolivianos nicht und hielten es für Falschgeld, ja man glaubte mir noch nicht einmal, dass sie Bolivianos heissen uns schaute erst im Internet nach! Chile hat aber nur 3 Nachbarländer und die Leute in den Geldwechselgeschäften verdienen sich ihr Geld mit den Währungen anderer Länder. Aber es kam jedes Mal die Leier, dass Chilenen eben nicht in so ein rückständiges Land fahren würden. Dazu ein anderes Mal mehr.

Jedenfalls bin ich Sonnabend Abend nach weiterer Klärung der unsäglichen Kreditkartengeschichte mit dem nächsten Bus nach Mendoza gefahren. Ich hatte extra einen Nachtbus genommen, aber die Distanz ist zu kurz um wirklich einzuschlafen. An der Grenze hat die Abfertigung dann anderthalb Stunden gedauert, weil die doch tatsächlich jedes Gepäckstück einzeln kontrollieren und viele davon mussten die Besitzer auch noch auspacken. Man will damit die Einfuhr von Früchten verhindern, um die eigene Landwirtschaft vor Parasiten und Krankheiten zu schützen.
In Mendoza kam ich um 6 Uhr früh an und fragte nach einem Zimmer. Aber da war nichts zu machen, denn es war ein verlängertes Wochenende (Do - So). Aber auch für die Nacht zu Montag war alles voll. Nach 4 Stunden verzweifelter Rennerei durch die Stadt, habe ich aufgegeben und ein Busticket weiter nach Córdoba gelöst. Dadurch hatte ich aber den Nachmittag Zeit in den riesigen, wunderschönen Stadtpark Mendozas zu gehen, in dem ich auch sofort wegen Übermüdung eingeschlafen bin.
In Córdoba wiederholte sich dann die Zimmersuche, so dass ich jetzt in der runtergewirtschaftetsten Butze meiner Reise wohne. (Man muss sogar jede Nacht einzeln im Voraus bezahlen.) Aber es gibt keine Kakerlaken und mehr Ansprüche habe ich auch gar nicht. Zudem zahle ich nur 10 Euro die Nacht, normale Unterkünfte kosten so um die 30 Euros aufwärts.
Die Busfahrten in Argentinien sind happig teuer - über 40 Euro für 650 km. Wenn man aus dem Bus aussteigt, bekommt man sein Gepäck nicht wieder, wenn man dem Mann, der auslädt, nicht Geld gibt. In Mendoza hatte ich aber noch kein Geld und so musste mir ein Einheimischer helfen, an meinen Rucksack ranzukommen. Die Auspacker leben ausschließlich vom Trinkgeld und gehören nicht zur Busgesellschaft wie sonst üblich. Ansonsten gibt es auch keine Konkurrenz der Busgesellschaften, denn alle Gesellschaften verkaufen auch die Fahrten der anderen und die Preise sind fast exakt gleich. Für 1 Euro extra bekommt man aber im Bus Abendbrot und Frühstück.
Ansonsten sind die Leute hier super nett und freundlich, fast noch einen Tick mehr als in Bolivien. Im Gegensatz zu Chile findet man es toll, dass ich reise und auch dass ich in Bolivien war. Was mich allerdings überraschte, ist dass es hier überhaupt keine Indios gibt. Alle sehen aus wie in Europa und 36 % davon stammen aus Italien. Der Dialekt des Spanischen ist sehr unterschiedlich. So spricht man in Mendoza ein klares Spanisch und hier in Córdoba hat man einen ganz eigenartigen Dialekt: Das spanische Wort "Valle" (dt. Tal) spricht man ja eigentlich als "Baje" aus, hier aber als "Fasche". Damit habe ich richtig Probleme, da ich immer denke, dass es ein Wort ist, dass ich noch nicht kenne. (In der Touriinfo habe ich gefragt, was Fasche denn bedeutet und sie musste erst ihre Chefin fragen, wie man das in "normalem" Spanisch ausspricht ;-) .) Was aber viel interessanter ist, sind die Frauen. Zum Glück trage ich ja immer eine Sonnenbrille, so dass man meine Stielaugen nicht sehen kann. Holla die Waldfee, sich hier an die Fussgängerzone zu setzen, ist beeindruckender als in Mailand an einen Laufsteg!
Die Stadt Córdoba ist leider nur semi-schön. Zum Einen gibt es herrliche Gebäude, aber immer gleich daneben hässliche Betonklötze. Viele Parks vermüllen leider und werden nicht mehr gepflegt, da die Stadt sich das nicht leisten kann. Was aber toll ist, sind die Fussgängerzonen, die ein Netz von Strassen umfassen und von hohen Sträuchern umrankt sind.
Die Museen haben nur von Dienstags bis Freitag geöffnet, was nicht gerade touri-freundlich ist. Aber selbst heute an einem Dienstag hatten einige Museen ohne Angabe von Gründen zu. Selbst die Wachleute wussten nicht warum. Am Abend hatte aber das Uni-Museum auf und so habe ich eine Führung auf spanisch gebucht. Ich war der einzige Gast und trotzdem habe ich dem Führer wegen der Aussprache nur bruchstückhaft folgen können. Er meinte, dass er leider nicht wisse, wie man ohne den Córdoba-Akzent spricht. Schade, denn die Uni ist beeindruckend und daher auch Weltkulturerbe. (Zur Uni gehört auch die älteste Kirche Argentiniens.) Die Jesuiten haben sie Jahrhunderte geführt und deren Möbel und Bücher sind noch teilweise vorhanden. Mittlerweile hat die Uni aber 120 000 Studenten - irre! Aber der Führer meinte, dass die Uni in Buenos Aires sogar 300 000 Studenten hätte.
Morgen früh will ich in die Berge im Umland. Vielleicht hänge ich noch einen Tag hier dran, falls mein Geld reicht. Ansonsten will ich dann noch 3 Tage in Mendoza verbringen und eine Fahrrad-Weintour und eine Reittour machen. Aber Pläne ändern sich auch meiner Reise häufiger als ich meine Socken wechsele...

Die Kathedrale bei Tag  ...
... und bei Nacht.
überrankte Fussgängerzonen
Innenhof der Uni. Hinten ist die Unikirche - die älteste Argentiniens zu sehen.
Schöne Häuser aller Orten.
Weil die hier die Gebäude so schön beleuchten, noch ein Nachtfoto.
Sonst heisst es wieder: "Deine Fotos genügen ja gar keinem künstlerischen Anspruch!" ;-)
Schöner Stadtpark mit zwei Inseln.
In diesem Saal fanden die Doktorverteidigungen statt. Hier sassen die Profs und mittig der Rektor. Der Doktorand war auf einer Kanzel links an der Wand (nicht im Bild zu sehen) und sein Tutor (Doktorvater) unter ihm. Wenn er bestanden hatte, durfte er sich auf den Stuhl des Doktorvaters setzen und jeder Prof gratulierte ihm im Spalier. Er war also als Ehre dann für 5 Minuten so wichtig wie der Rektor. In der anderen Raumhälfte sassen die Angehörigen und Zuschauer.
In der Militärdiktatur ab 1976 kamen rund 30 000 Menschen um. (Zehn mal mehr als in der Militärdiktatur Chiles.)
Das vorne war das Frauengefängnis, in dem die obigen neun Frauen "verschwanden". Nun ist es eine Kunstgalerie. Dahinter ist eine Kirche, die zum Gefängniskomplex gehörte, aber ursprünglich wohl eine Klosterkirche war. Rechts dahinter sieht man einen der Betonklötze, obwohl das noch einer der schöneren ist. Links hinten ist Kirche Sagrado Corazón zu sehen.

3 comments:

  1. Was bin ich froh, nicht nach Chile rüber gereist zu sein...

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  2. ... und ich wette, dass die auch keine peruanischen Soles tauschen! Peru wird von Chile ja auch ordentlich verachtet. Aber ich hatte immer eher das Gefühl, das wäre eine eher nostalgische/ironische/scherzhaft Feindschaft. Bolivion wird von Peru ja auch als rückständig und kriminell bezeichnet. Chilener dagegen sind einfach angeberische, unangenheme ANchbarn, die man schon aus historischen Gründen nicht sonderlich mag.
    Trotzdem... die Einstellung der Chilener muss auf Dauer nerven. Andersherum ist Bolivien auf Dauer sicher auch anstrengend.
    Argentinien ist sicher eine gute Wahl für den Reise-Schluss!!

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  3. wo steht denn was von schönen Frauen ???
    Mr. Sewastopol

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