Apr 10, 2011

Abschied nehmen

Die letzten Tage habe ich damit verbracht, mit allen Leuten, die kennengelernt habe und die gerade in Santiago waren, ein paar Biere zu trinken. Mein Fazit über Chile ist ja nicht so rosig ausgefallen und so habe ich den Leuten meine Einträge gezeigt und sie nach ihren Erfahrungen gefragt. Und sowohl über Argentinien als auch Chile, ist das auch anderen passiert bzw. so aufgefallen. Nur die Geschichte mit der "bad DNA" hat Gelächter ausgelöst, denn so etwas ist wohl überhaupt nicht typisch. Da habe ich wohl besondere Idioten getroffen. Wir waren uns aber einig, dass den Chilenen der kulturelle Austausch fehlt (2000 km bis Bolivien und Peru und nur wenige Pässe nach Argentinien).
Sonnabend habe ich bis früh um 4 Uhr gefeiert und bin dann mit leichter Alkoholfahne um 8 Uhr zum Flughafen. Neben mir saß ein Geschäftsmann, der Lehrmittel für Schulen und Universitäten verkauft und daher schon fast überall auf der Welt war. So auch kurz vor dem Aufstand in Libyen. Es war daher ein super interessantes Gespräch fast die komplette 13 Stunden Flug. Und dann kam ich wieder hier zu Hause an und alles blüht und ein wunderbarer Frühlingsduft liegt in der Luft - traumhaft, vom Spätsommer direkt mit dem Frühling weiter machen zu können.

Die Reise war definitiv das Richtige nach dem Ausscheiden aus der Uni. Es hatte mich schon länger angefressen, dass ich außer ein paar kurzen Reisen durch Europa keine Auslandserfahrung habe, vor allem aber dass ich kein Erasmus-Semester gemacht habe. Dann musste ich auch noch feststellen, dass viele der Studenten in meinen Praktika mit 22 Jahren schon mehr von der Welt gesehen haben als ich. Also wurde es höchste Zeit für so eine Tour.
Von den nicht-studierenden Touristen, die ich getroffen habe, haben die meisten davon sogar ihren Job für ihre mehrmonatige Tour gekündigt. Wie ich finde, lohnt sich das auch, denn viele Dinge kann man als Rentner einfach nicht mehr machen und der Job ist ja nicht der Lebensinhalt. Die, die nicht gekündigt haben, haben ein einfach ein Sabbatical gemacht. Schade das es so etwas in Deutschland nur in wenigen Firmen gibt.
Ich war überrascht dass fast alle Israelis nach dem Wehrdienst mehrere Monate um die Welt reisen. Es war interessant sich mit ihnen zu unterhalten, da sie eine ganz andere Sicht auf die Welt haben. So habe ich z.B. mit zwei Mädels lange über Armee gesprochen. Ich hatte damals zwar eine interessante aber eben auch keine prickelnde Zeit und bin kein Fan davon, aber die Mädels waren davon begeistert. In der israelischen Armee gibt es wohl auch kein Schickanierereien von Untergebenen wie zu meiner Zeit. Überhaupt habe ich viele interessante Leute getroffen. Z.B. viele US-Amerikaner, die immer von mir wissen wollten, wie es wirtschaftlich in Deutschland aussieht. Erstaunlich, aber das war oft eine der ersten Fragen an mich. Die größte Gruppe an Leuten, die ich traf, waren aber Franzosen gefolgt von Schweizern.
Für mich habe ich festgestellt, dass das Reisen in großen Gruppen nichts für mich ist. Ich kann mich doch zu wenig der Masse und vor allem den durchgeplanten Terminen/Zeiten anpassen. Die Reise mit dem Mädels durch den Süden Chiles war ganz unterhaltsam, aber 3 Leute ist irgendwie eine unpassende Größe. Am besten ist es eben doch zu zweit. Allein zu reisen hat aber den Vorteil, dass man die Länder intensiver kennenlernt, da man tagelang nicht seine Muttersprache reden kann und auch von den Leuten eher eingeladen bzw. angesprochen wird. Ansonsten bin ich für einige Dinge schon zu alt. Das Party-Hosteling ist z.B. nichts mehr für mich und bei meinen wenigen Discosbesuchen habe ich den Altersschnitt deutlich gehoben. Auch komme ich mit Übernachtungen in Schlafsälen nicht gut zurecht. Auf einer Berghütte habe ich keine Probleme damit, aber in Hostels muss man immer aufpassen, das einem keiner etwas klaut und man hat doch nie seine Ruhe und kann durch schlafen.
Mein Highlight war ganz sicher Bolivien. Ich wäre so gerne noch länger dort geblieben. Sportlich war der Höhepunkt die Tour vom La Cumbre-Pass mit dem Fahrrad bis zum Beginn der "Death Road". Auf über 4000 m mit dem Fahrrad über Gräben zu springen und Bäche zu durchfahren, war einfach toll.
Körperlich am meisten hat mich die Tour auf den Cerro Rico geschafft. Über Geröllhalden auf Mont Blanc-Niveau zu kraxeln, ging ganz schön auf die Pumpe.
Landschaftlich fand ich die Death Road als auch den Salar de Uyuni am besten. Aber diesbezüglich habe ich sehr, sehr viele schöne Sachen gesehen.
Architektonisch fand ich die Stadt Sucre am schönsten.
Musikalisch war interessant, dass die angesagte einheimische Musik Boliviens und Argentiniens im 6/8-Takt ist. In Bolivien oft monoton (und mit harten elektronischen Beats). In Chile konnte ich keine einheimische Musik ausmachen, denn sowohl in den Discos, Bars, Hotels und Radios laufen internationale Klassiker. In Bolivien waren zudem europäische Hits der Neunziger Mega-angesagt. Die hatten da in jedem Taxi echt super coole Mixe laufen. Ich hätte die kaufen sollen! Hach was sind wir im Bus von Corioco wieder zurück nach La Paz zu so Sachen wie Dr. Alban - It's my life abgegangen! (Die Textzeile "Stop telling people how to run your business. Take a trip to east and west you find that you don't know anything." passt.)
Dass ich mit den Chilenen nicht gut klar gekommen bin, war rückblickend gar nicht so schlimm, denn dafür lief es in den anderen Ländern um so besser. Außerdem reist man ja, um Kulturen kennenzulernen, die nicht so wie in Deutschland sind und nicht alles kann einem zusagen.
Ansonsten bin ich Stolz auf meinen Körper. Er hat so viele Temperatur- und Klimawechsel ohne Probleme mitgemacht. So bin ich ja z.B. direkt von Meeresniveau auf 4000 m raufgeflogen, habe in Tupiza bei fast 30 °C in extrem trockener Luft geschwitzt und nur 3 Tage später lag ich in Potosí bei 5 °C in nasskalter Luft mit aufgesetzter Wollmütze im Schlafsack. Beim Aufstieg auf den Cerro Rico, bin ich unten im Anorak losgelaufen, dann kam die Sonne raus und es war so heiß, dass ich nur im T-Shirt gelaufen bin. Am Gipfel brauchte ich dann wieder ein Unterhemd, T-Shirt, Fleece und den Anorak sowie die Wollmütze, da es so kalt und windig war.
Jetzt kann ich es ja zugeben: Ich liebe es nun mal Dinge auszuprobieren und so habe ich trotz aller Warnungen an den Straßenständen alles Erdenkliche an Essen und Trinken ausprobiert. Witzigerweise bin ich nach dem Tag mit dem teuersten Restaurantessen krank geworden. Das war auch das einzige Mal in 3 Monaten.
Mein Spanisch ist weiterhin sehr lückenhaft. Ich kann immer noch keinen Zeitungsartikel ohne Wörterbuch komplett durchlesen. Ich verstehe den Inhalt aber trotzdem, wenn auch manchmal nur grob. Sprechen klappt je nach Tagesform mal sehr schlecht, mal so gut, dass ich selbst überrascht bin. In Bolivien konnte ich bei Gesprächen mit den Leuten an die 90% der gesagten Wörter verstehen, in Argentinien je nach Dialekt 70 - 90%, in Chile aber nur 50%. Ich kann mich in die Aussprache Chiles einfach nicht einhören. Die Argentinischen "sch"-Laute haben mir anfangs Probleme bereitet, aber nach 4 Tagen fing ich selbst an so zu reden.
Spanisch zu lernen war eine gute Entscheidung, denn zu Reisen, ohne sich mit den Leuten unterhalten zu können, macht einfach nicht so viel Spaß. Was erstaunlich ist, ist wie wenig die Leute über die Sprachvariationen der Nachbarländer wissen. Z.B. benutzt man in Chile für "ausleihen" das Verb "arrendar", in Argentinien aber "alquilar". OK, aber die Leute in Argentinien wussten nicht, was ich von denen will, als ich arrendar benutzte, mir fiel aber auch nicht mehr ein, dass es noch alquilar gibt. So musste ich auf Englisch ausweichen und es stellte sich heraus, dass die "arrendar" noch nie! vorher gehört hatten. Solche Situationen hatte ich öfters. Das verwundert mich, denn ich kenne ja auch die Besonderheiten von Österreich, der Schweiz und den deutschen Mundarten.
Als wichtige Sache ist mir noch die Sonne aufgefallen. Sonnenschein führt bei mir zu einem angenehmen Lebensgefühl. In Deutschland zieht es mich oft runter, wenn eine Woche keine Sonne zu sehen ist, hier aber hatte ich nie solche Probleme. Ich bin ja ein Morgenmuffel, aber hier ertappte ich mich jeden Tag aufs Neue, dass ich gut gelaunt aus dem Bett springe. Ich weiß auch nicht wieso, aber trotz des nicht immer angenehmen allein Reisens, war ich doch meist guter Dinge. Kaltes oder warmes Wetter, trockene oder nasse Luft waren fürs Wohlbefinden nicht so wichtig, solange nur die Sonne geschienen hat. Alles in Allem habe ich quasi die 3 Monate Dauersommer daher sehr genossen.
Mir gefällt die Stadt Santiago sehr gut: 3000 Meter hohe Berge direkt am Stadtrand, daher Fahrrad-, Wander- und Skimöglichkeiten, in einer Stunde ist man am Strand, es gibt viele wunderschöne Parks, Wochenendausflugmöglichkeiten nach Argentinien, angenehmes Klima und Sonne satt. Nur mit den Leuten hier komme ich leider nicht so gut klar und mit dem Unterschied arm-reich habe ich auch so meine Probleme.
Interessant war es auch immer, die Zeitung zu lesen. Man versteht dann viel besser warum die Dinge um einen herum so sind, worum es beim Streik geht, warum die Straße gesperrt ist, warum an einem Tag keine Busse fahren, usw..
Es hat mir viel Spaß gemacht zu lernen, wie die Leute in den einzelnen Ländern ticken, was ihnen wichtig ist, wie die Politik abläuft und die Gesellschaft aufgebaut ist. Es gibt so viele verschiedene Lebenseinstellungen und bisher kannte ich nur die europäischen.
Schlussendlich war es mir wichtig, dass meine Touren immer eine Mischung aus Kultur, Gesellschaft und Natur sind. Ich traf Leute, die z.B. ausschließlich Natur machen, andere verlassen so gut wie nie die Städte für eine Tour durchs Gelände. Manche machen nur Party. Mit der gesunden Mischung aus alledem bin ich gut gefahren.

Alles in Allem eine tolle Reise an die ich mich sicher noch oft erinnern werde!

Zum Blog: Ich war Anfangs ja nicht so begeistert davon, einen Blog zu schreiben, aber es hat dann doch sehr viel Spaß gemacht. Weil die Frage in einem Kommentar kam: Nein, ich denke nicht, dass sich meine Gedanken viele Leute durchlesen. Und die die es tun, denken vielleicht, dass ich verkopft bin. Aber einfach nur Bilder knipsen und hochladen hätte nicht meine Eindrücke widergespiegelt und war mir auch zu wenig.

Zum Abschluss möchte ich mich bei allen bedanken, die mir Kommentare geschrieben haben und mit denen ich Email-Kontakt hatte. Die positiven Rückmeldungen haben sehr gut getan und Kraft gegeben. Vielen, vielen Dank auch nochmal an Gabriela für ihre Unterstützung in Santiago.

Ab jetzt  gilt: The time is now

Reisetipps

Als vorletzten Eintrag noch ein paar allgemeine und spezielle Reisetipps für potentielle Rucksacktouristen:
  • man braucht unbedingt einen gescheiten Reiseführer, in dem Fakten wie Buslinien, Fahrpreise, Öffnungszeiten, Stadtpläne, Hotelverzeichnisse etc. drin sind. Mein Führer war daher ungeeignet. Und nachdem ich einige Bücher durch habe, finde ich das "South American Handbook" das beste. Das Buch hat alle Infos über alle Länder Südamerikas und ich habe nicht einen einzigen Fehler gefunden oder das eine Info fehlte. Die Lonely Planets bieten genauso viel Infos, aber sind meist nur über ein Land. Sich zu jedem Land einen neuen Führer zu kaufen ist aber teuer und man hat oft nicht die Möglichkeit mehrere Bücher mit sich herumzuschleppen. Es gibt zwar auch eine gesamtsüdamerikanische Ausgabe des Lonely Planet, aber die ist bei weitem nicht so gut wie das South American Handbook. (Mir ist aufgefallen dass die Lonely Planets so etwas wie Tourismusdiktatoren sind, denn an Orten und in Hotels, die da nicht aufgeführt sind, wird man mit über 90%-Sicherheit der einzige Tourist sein. Daher empfehle ich, immer auch die lokalen Tourismusangebote wahrzunehmen und vor allem die Einheimischen zu fragen und so Dinge zu entdecken, die die Masse nicht kennt.)
  • man sollte immer genug Bargeld dabei haben! Dieses sollte man mehrere Teile aufspalten, z.B. einen fürs Portemonnaie, einen für den Stadtrucksack und einen für die Kraxe. Wird man überfallen, wollen die eigentlich nur das Geld im Portemonnaie, manchmal auch die Kreditkarte. Das man die Kraxe klaut, ist eher selten. Die Kreditkarte hatte ich daher auch meist in der Kraxe. Ansonsten kann man Bargeld den Hotelsafes nicht immer anvertrauen, denn es gibt keinen Übergabeschein. So kommt es vor, dass die Hotelangestellten sich mal einen Schein nehmen und man kann sich nicht beschweren, da die dann sagen, dass bei Abgabe auch schon so wenig Geld drin war. Mir ist das einmal passiert (Schaden aber nur 10 €), aber danach habe ich lieber auf durchgeschwitzte alte Socken in meiner Kraxe gesetzt. Das Hotelzimmer kann man abschließen und dass die Putzkräfte in alten Socken herumwühlen ist eher unwahrscheinlich. Wertsachen wie Pass und Ähnliches kann man den Hotelsafes aber anvertrauen.
  • Geld wechseln macht man am besten an den Busterminals der Grenzstädte. Das läuft unter der Hand ab, man muss die Leute also danach fragen. Der Wechselkurs ist aber dadurch fast der offizielle. Das liegt daran, dass die Busleute nicht vom Geldwechseln leben müssen, das nur ein kleines Zubrot ist. Achtung, in Chile allerdings geht generell nichts unter der Hand! Versucht es besser gar nicht erst.
  • In fast allen Ländern Südamerikas muss man vor dem Einsteigen in ein Taxi den Fahrpreis verhandeln. Wenn ihr neu im Land seid, fragt ruhig erst mal ein paar Taxis nach dem Preis für ein- und dieselbe Strecke. Die Preise sind nämlich extrem unterschiedlich und so bekommt ihr ein Gefühl was Wucher ist und was angemessen. Man sollte nie bezahlen, bevor man sein Gepäck nach der Fahrt wieder in der Hand hat. Achtung, in Chile sollte man nicht versuchen zu handeln. In Santiago wird streng nach Taxameter gefahren, in den anderen Städten gibt es Fixpreise. Wir haben mal versucht zu handeln, aber der Fahrer war so empört, dass er uns nicht mitgenommen hat und auch gleich noch seinen Kollegen per Funk Bescheid gesagt hat uns nicht billiger mitzunehmen.
  • Bestechung habe ich nie gebraucht, aber andere Touris erzählten mir, dass das z.B. in Brasilien manchmal notwendig ist. Achtung, in Chile ist Bestechung tabu! Versucht man das auch nur, landet man mit Sicherheit im Bau.
  • In Bolivien oder Argentinien bekommt man fast nie eine Rechnung, da die keine Steuern zahlen wollen. Verlangt man eine, kann man daher Ärger bekommen. Allerdings ist das eine Gratwanderung, denn lässt man sich keine geben, kann es sein, dass z.B. der Hotelier meint, dass man ja noch nicht bezahlt hätte, und nochmal bezahlen soll. Also habe ich mir zumindest in Hotels immer eine Rechnung geben lassen, egal dass ich dafür manchmal dumm angeschaut wurde. (In Argentinien gibt es eine Vereinigung von Hotels, die damit werben, dass sie immer eine Rechnung ausstellen. Wenn ihr Korruption nicht unterstützen wollt, dann geht in so ein Hotel (blauer Aufkleber an der Eingangstüre).) Achtung, in Chile ist das Gegenteil der Fall: Man bekommt immer eine Rechnung und darf sie auch erst mal nicht wegwerfen (auch nicht in der Pommesbude). Macht man das nämlich, bekommt man Probleme mit dem Händler, denn die Steuerfahndung scheint sehr oft zu kontrollieren. Hat man als Tourist dann keine Rechnung dabei, bekommt der Händler Ärger.
  • nehmt ein Handy mit, dass alle Frequenzbänder verträgt. Dann könnt ihr euch für wenig Geld einfach eine Pre-paid-Karte einlegen lassen. Man kann sich aber auch für z.B. nur 15 € ein ganz billiges Handy kaufen, dass dann schon eine Pre-paid Karte für 10 € mit drin hat. So zahlt man effektiv nur 5 € für ein Handy. Handyempfang ist erstaunlich gut, selbst mitten im Nirgendwo im Altiplano hatte ich Empfang. Ohne Handy halte ich Touren für gefährlich.
  • eine gute Hausapotheke ist Pflicht: Desinfektionsspray, (Sprüh)pflaster, ein fiebersenkendes Mittel, ein Breitbandantibiotikum (das verschreibt euch euer Arzt in Deutschland auf Privatrezept, wenn ihr ihm sagt wohin ihr reist), in Mückengebieten (z.B. auch alles nördlich von Córdoba) ein Mückenspray mit dem Wirkstoff DEET, in Malariagebieten auch ein Mittel, mit dem ihr es bis zum nächsten Arzt schafft (Malariaprophylaxe sehen selbst viele Ärzte kritisch, da das viele Nebenwirkungen hat), ein Mittel, dass den Darm ruhig stellt, Perenterol (kann ich sehr empfehlen, da ich damit schon vielen Leuten helfen konnte) und Kohlekompretten (lasst euch in einer Apotheke beraten in welcher Reihenfolge man die Darmmittel nimmt)
  • Impfungen: Lasst euch schon in Deutschland alle Impfungen geben, die es so gibt. Das kostet zwar evtl. mehr Geld als hier, aber dann müsst ich nicht warten, bis der Impfschutz im Körper einsetzt und nicht jeder Impfstoff ist hier vor Ort auch verfügbar.
  • nehmt einen Schlafsack mit. Gerade in kalten Gegenden wie Bolivien oder Patagonien ist das von Vorteil. Seid ihr größer als 1,80 m, passt ihr eh kaum in die Betten und werdet euch sonst die Füße abfrieren. Außerdem müsst ihr euch dann nicht mit den, fast überall, speckigen Überdecken zudecken.
  • Tragt Sonnencreme, egal ob Sonne scheint oder es wolkig oder kalt ist!!! Schutzfaktor 30 sollte es mindestens sein, für Patagonien und das Altiplano empfehle ich Faktor 50. Unbedingt auch Lippenstift mit Schutzfaktor auftragen. Ich hatte mit extra einen teuren Lippenstift mit Faktor 20 in Deutschland  gekauft, mir aber trotzdem oft die Lippen verbrannt. In Bolivien habe ich mir einen Lippenstift mit Faktor 30 gekauft. Seitdem hatte ich keine Probleme mehr mit den Lippen. Bei Touren auf Schnee unbedingt so viel Haut wie möglich schützen, da der Schnee in alle Richtungen reflektiert (der Klassiker ist ein von unten verbrannter Hals). Unsere Führer auf dem Vulkan Villarica waren daher auch komplett verhüllt.
  • tragt eine Mütze oder einen Hut. Ein normales Basecap hat sich als untauglich herausgestellt, da so die Ohren ungeschützt sind. Viele einheimischen Arbeiter tragen Basecaps mit einem angenähtem Tuch. Das sieht zwar nicht schick aus, schützt aber die Ohren und den Nacken und solche Mützen kann man gleich so fertig kaufen. Meine Mütze mit Krempe (siehe Bilder), die ich mir hier in Chile gekauft habe, sieht zwar auch nicht mega-schick aus, aber sie hat sich bewährt.
  • kauft euch in Deutschland richtig gute Wanderschuhe, die bis zum Knöchel gehen. Die dürfen ruhig 150 € kosten, denn daran darf man nicht sparen. Hier gibt es nämlich nur selten Größe 43 und größer. Zudem ist die Qualität der Wanderschuhe hier nicht so gut. Kaputte Wanderschuhe mitten auf einer Tour in den Bergen sind so gefährlich wie eine Verletzung (hier gibt es keine Bergwacht und normalerweise auch keine Rettungshubschrauber).
  • In Südamerika sind die Distanzen riesig und stundenlanges Busfahren an der Tagesordnung. Daher empfiehlt sich ein spezielles, aufblasbares Schlafkissen. Ich wünschte, ich hätte so eins dabei gehabt. Viele interessante Dinge liegen abseits der Orte. In billigen Ländern wie Bolivien kann man sich immer ein Taxi dahin leisten und so auch eine private Rundtour mit dem Taxi machen. Ansonsten, sollte man doch ab und an mal eine Tagestour mit einer Gruppe buchen. Gut möglich, dass man dann zwischen Rentnern sitzt, aber die haben meist interessante Sachen zu erzählen und man sieht Dinge, die der normale Rucksacktourist nicht sieht.
  • Nimmt man einen Nachtbus, spart man sich Übernachtungskosten. In Argentinien ist zum Schlafen die Busklasse "Semi-Cama" ausreichend, in Bolivien und Chile sollte man "cama 3 filas" nehmen. Service an Bord kostet manchmal nur wenig mehr. Die Buspreise sind sehr unterschiedlich, daher sollte man bei 3-4 Firmen nachfragen, ehe man ein Ticket kauft. Schnäppchen gibt es, wenn man erst ganz spät am Bus auftaucht und die den Bus nicht voll bekommen. Dann bekommt man schon mal 30 % Rabatt. Einmal gekaufte Tickets kann man nicht mehr zurückgeben, umtauschen oder umschreiben lassen! In Argentinien muss man immer Kleingeld dabei haben, damit man den Leuten, die das Gepäck in den Bus laden, etwas geben kann. Ansonsten bekommt man sein Gepäck nicht wieder. (1 Peso Trinkgeld reicht aus.) Toiletten haben viele Busse, aber die sind meist abgeschlossen. Daher sollte man immer, egal ob man vor einer Stunde erst war, im Busterminal 5 Minuten vor Abfahrt nochmal auf die Toilette. In Bolivien empfiehlt sich vor längeren Busreisen schon länger vor Abfahrt mit dem Trinken aufzuhören, da es normal ist, dass man nur aller 4-5 Stunden auf eine Toilette kann.
  • Wenn ihr die Sachen zu Hause für die Reise packt, packt sie in maximal eine Kraxe und einen Tagesrucksack. Es wird anfangs nicht alles hineinpassen ;-). Aber ihr braucht auch nur die Hälfte von dem. In Bolivien und Argentinien hatte ich 5 Garnituren Wäsche (bestehend aus T-Shirt, Socken und Unterwäsche) und 3 Hosen dabei (2 lange und 1 kurze). Das reicht ohne Probleme vollkommen aus, denn es gibt überall Lavanderias, in denen man Wäsche innerhalb eines Tages gewaschen bekommt.
  • Bestens bewährt haben sich meine beiden Spezial-Hosen. Solche Hosen kauft man in Berufsbekleidungsläden. (Die können dort einem auch fast alles bestellen.) Die Hosen sehen schick aus, sind unzerreißbar, saugen sich nicht voll, trocknen schnell und halten auch Wind gut ab. Dazu kosten sie weniger als eine normale Jeans. Mein Modell ist von der Firma BP und besteht aus 43% Baumwolle und 57% Polyester.
  • ich empfehle unbedingt ein Reisehandtuch, denn es gibt nicht in jedem Hotel Handtücher und in manchen muss man dafür extra zahlen. Reisehandtücher sind aus einem schnell trocknendem Spezialstoff, so dass sie nicht mehr Volumen als ein Fotoapparat einnehmen. Mein Handtuch ist das  PackTowl Ultra-Lite XL.
  • mit FlipFlops muss man sich nicht in verdreckten Duschen (leider typisch in Backpackerhostels) mit den Füßen stellen. Außerdem kann man sie am Strand oder auch im Park anziehen. Sie trocknen zudem fix und sind leicht.
  • eine UV-Lampe zur Desinfektion von Wasser hat sich für ausgedehnte Wandertouren ebenfalls befährt. Die läuft mit normalen Batterien, die man also vor Ort kaufen kann und mit einer Batterieladung bekommt man locker mehr als 50 Liter Wasser desinfiziert. Damit ist man einfach unabhängig, denn die meisten kritischen Erkrankungen kommen hier durch verseuchtes Wasser zustande. Der Klassiker ist, dass man sich verschätzt, zu wenig Wasser mit nimmt und dann notgedrungen das Wasser trinken muss, dass man am Wegesrand findet. Das ist mir zwar nicht passiert, aber sicher ist sicher. (Manches Mal kam übelriechendes Wasser aus der Leitung in den Hostels, dass ich mir damit nicht die Zähne putzen wollte, aber auch kein Flaschenwasser zum Zähneputzen dabei hatte, also habe ich es vorher desinfiziert und mir dann die Zähne geputzt). Ich hatte das Modell SteriPEN Classic dabei.
  • geht ihr in ein Hotel, lasst euch immer erst euer Zimmer zeigen. Prüft, ob es Kakerlaken gibt (vor allem im Bad in den dunklen Ritzen), dass das Licht geht und wie das Wasser ist, was aus der Dusche kommt. Achtung, oft gibt es warmes Wasser nur zu bestimmten Stunden. Im Altiplano gibt es Wasser generell manchmal nur zu bestimmten Zeiten, da die Wasser sparen müssen. Fragt also danach.
  • lernt zumindest ein paar Brocken Spanisch, denn ganz ohne geht es einfach nicht oder ihr werdet ständig über den Tisch gezogen und veräppelt. Meinen Spanischkurs kann ich nicht empfehlen. Macht lieber eine Kurs, bei dem ihr in einer Gastfamilie wohnt, denn dann müsst ihr ständig sprechen. Solche Kurse kosten nicht viel mehr als meiner und man macht mit der Sprachschule auch Ausflüge. Bei mir bekam ich nur genau 3 Stunden Unterricht am Tag, ansonsten absolut nichts weiter. Und das für happige 600 € für 4 Wochen. In Bolivien zahlt man für 4 Wochen Kurs mit Unterkunft in der Gastfamilie (spart ja auch Übernachtungskosten) knapp 500 € und in Bolivien spricht man ein sehr klares Spanisch. Erstaunlich viele die ich traf, haben ihren Kurs aber in Ecuador gemacht. Gutes Spanisch spricht man aber auch noch in Peru und Kolumbien. Man lernt übrigens echt gut Spanisch, indem man sich Filme mit Untertiteln anschaut.
  • macht euch vor der Einreise schlau, was es für Eigenarten im Land gibt: Öffnungszeiten, z.B. sind in Mendoza fast alle Geschäfte von 13 - 17 Uhr wegen Siesta geschlossen. Welche Redewendungen tabu sind (die im Nachbarland vielleicht ganz normal sind). Wie viel Trinkgeld man geben muss und wann Trinkgeld unhöflich ist.
  • helft mit bei wikivoyage.org; dort findet man jetzt schon viele tolle Reisetipps, aber viele fehlt noch und die Infos müssen aktuell gehalten werden
  • und ganz allgemein, hört euch euch diese vertonte Kolumne Mary Schmich an: Wear Sunscreen

Apr 7, 2011

Problem der Probleme

Bevor ich die tage ein Fazit ziehe und Reisetipps gebe, noch ein Allgemeinplatz der mir sehr wichtig  ist:

Überbevölkerung ist meiner Meinung nach DAS eigentliche Problem hinter all den Problemen der Erde: Hunger, Wasserknappheit, Ressourcenknappheit, Slums, Luftverschmutzung und die meisten Kriege. Die Chilenen haben sich seit 1970 verdoppelt, haben das aber noch erstaunlich gut im Griff. In anderen Ländern wie z.B. Bolivien klappt das nicht so gut. Der Bergmannsguide in Potosí wird gerade zum 7. Mal Vater. Er stöhnte über sein hartes Leben, denn 2 Kinder könnte er ernähren, aber eben kaum 7. Daher kann er seinen Kindern auch keine Ausbildung bezahlen und seine Söhne müssen daher wohl wieder in den Berg gehen, da sie nichts anderes gelernt haben. Außerdem verdreifacht sich ja die Bevölkerung durch 6 Kinder pro Familie (der bolivianische Schnitt liegt aktuell bei ca. 5 Kindern pro Frau und in 63 Staaten der Erde bekommt man noch mehr Kinder), aber im kargen Hochland lässt sich nicht mehr anbauen. Bolivien hat das Glück, dass die Ressourcen des Tieflands noch nicht ausgeschöpft sind, aber in anderen Ländern wird dadurch die Nahrungsmittelversorgung knapp und der Staat muss dann Nahrungsmittel aus dem Ausland einkaufen. Das Geld dafür fehlt dann aber wieder für Schulen und Straßen. Aber von wem kann man Nahrungsmittel kaufen? Die meisten Länder haben selbst genug Bedarf. Europa hat aber z.B. Überkapazitäten, doch will der europäische Bauer logischerweise auch den europäischen Preis für seine Ware haben. Viele Länder können den aber nicht bezahlen, wenn sie nicht gerade andere Ressourcen wie z.B. Öl dafür tauschen können. Einige Regierungen haben das Problem erkannt und dadurch ist z.B. in China die Ein-Kind Politik entstanden. In Südamerika verhindert aber die katholische Kirche vernünftige Lösungen. So fragte ich den Bergmann, warum er denn so viele Kinder hat und nicht nur 2, denn man kann das ja heutzutage planen. Die Antwort war ein empörtes "Das wäre ja Sünde!" Das heißt, das im Endeffekt die katholische Kirche mit ihrem kategorischen Nein zur Verhütung die Leute in die Armut stürzt! Dem zum Hohn kümmert sich die Kirche vorbildlich (meine ich ernst, da es wirklich gute Einrichtungen gibt) um die Armen, die ohne sie gar nicht so arm wären. Es ist ein Paradoxon! Wie gerne würde ich den Papst mal fragen, was er dazu meint.

Anzahl an Kindern pro Frau



So, 5 Einträge reichen für heute :-) .

Korruption

Wie schon mal angekündigt mal ein Eintrag zur Korruption.
Korruption wird meiner Meinung nach durch 3 Faktoren maßgeblich begünstigt:
  • Kultur
  • Fehlende Identifikation mit dem Staat, fehlendes Nationalgefühl
  • Fehlendes Beamtentum
Kultur: In vielen Kulturen ist die Familie so wichtig, dass man quasi verpflichtet ist, Familienmitglieder mit zu versorgen oder sich um deren Job zu kümmern. Daher existiert dann auch keine Hemmschwelle, einen Posten an ein Familienmitglied zu vergeben, auch wenn es dafür gar nicht die Ausbildung besitzt. Dadurch kommen Leute in Ämter, die nicht die Fähigsten sind, was nicht gut für das Land ist. Durch den Fokus auf die Familie ist es für viele Leute auch nicht so wichtig, dass es auch den anderen Familien, die man nicht kennt, gut geht. Nach der Familie ist dann als nächstes die eigene Volksgruppe oder Stadt wichtig, erst dann kommt das Land. Ein weitere Punkt ist die Erziehung, denn die Einstellung "Wer nicht für mich ist, ist gegen mich." ist anerzogen und führt zum skurrilen Auswüchsen. So erinnere ich mich noch an eine Politik-Vorlesung, in die ich mal reingeschnuppert habe, an ein Bild. Es zeigte eine perfekt ausgebaute Straße, die an einem Ortseingangsschild abrupt endete. In dieser Stadt haben die Leute nämlich bei der letzten Wahl für jemand anderen gestimmt, die Nachbarstadt aber für den Gewinner der Wahl. Also wird, der Logik folgend, die Straße nur dort gebaut, wo man für den Präsidenten oder Gouverneur gestimmt hat. Sollen die anderen doch sehen wo sie bleiben bzw. beim nächsten Mal für ihn stimmen, um auch eine Straße zu bekommen. Ein weiterer Aspekt ist Neid. Es geht nichts voran, wenn man einer anderen Region neidet, dass sie nun eine neue Autobahn bekommt und die eigene erst einmal nicht, weil man nicht alles auf einmal bauen kann oder weil die andere Region mehr Einwohner hat oder sie einfach dringender braucht.
Das ist also so, als würde der CSU-Verkehrsminister alle Gelder für Berlin sperren, da Bayern erst einmal wichtiger ist und die CDU in Berlin bei der Wahl schlecht abgeschnitten hat. Deutschland geht es so gut, weil so etwas bei uns undenkbar wäre. Unsere Politiker fühlen sich für das ganze Land verantwortlich, nicht nur für ihre Region und die, die sie gewählt haben.

Fehlende Identifikation mit dem Staat: Ich erinnere mich an einige Gespräche mit Griechen die von ihrem Staat nichts hielten. Sie waren offen dafür Steuern zu hinterziehen, da der Staat sie ja nichts angeht und überhaupt braucht man ja keinen Staat, der wird einem nur aufgezwungen. Dieser Staat ermöglicht aber, dass ihre Kinder zur Schule gehen können, dass es Gerichte gibt um Streits zu schlichten, Straßen baut, sich um den Müll kümmert usw.. In Staaten mit der inhomogener Bevölkerung (z.B. verschiedene Sprachen, Religionen, Kulturen) wird das noch deutlicher. Denn fühlt man sich nicht als eine Nation, empfindet man den Staat auch nicht als seinen Staat, wird also keine Skrupel haben sich alles zu nehmen, was der Staat, den man eh nicht leiden kann, einem zu bieten hat.

Fehlendes Beamtentum: Dieser Aspekt ist mir in Bolivien klar geworden als ich in Sucre mit den Leuten der Tourismusverwaltung zu tun hatte. Ein Tourismusagent lieh mir netterweise seinen privaten Sucre-Stadtführer aus. Dieses Buch erschien 2009 zur 200-Jahrfeier Boliviens kostenlos und ist hervorragend. Nun stimmten aber die Öffnungszeiten der Museen und die Eintrittspreise nicht mehr. Ich fragte auf der Touriinfo nach einem neuen Exemplar, aber die Frauen dort hatten das Buch noch nie vorher gesehen. Es stellte sich heraus, dass 2010 die Provinzregierung gewechselt hat. Bei der Gelegenheit hat man gleich mal fast alle Tourismusleute ausgetauscht und durch Bekannte und Freunde der neuen Regierung ersetzt. So meinte die eine Frau auch, dass sie vorher etwas anderes gemacht hat. Das Problem ist also, dass man mit jedem Regierungswechsel mit großer Wahrscheinlichkeit seinen Job verliert. Daher wird man also in der kurzen Zeit, in der man sein Amt hat, versuchen so viel wie möglich beiseite zu schaffen, damit man danach sein Leben weiter finanzieren kann. Das wäre also so, als würden Fachleute wie die Chefs der Straßenbauämter nach jeder Bundestagswahl entlassen. Dies ist aber gar nicht möglich, da es Beamte gibt, die man aus gutem Grund nicht einfach so entlassen kann. Ein Beamter kann sich daher seiner Stelle sicher sein und bekommt ein Gehalt, das ihm ein normales Leben ermöglicht und ist dadurch für Bestechung nicht so anfällig. Sich bestechen zu lassen, birgt zudem das Risiko, dass er dann entlassen wird, also viele Jahre sicheres Gehalt auf das Spiel setzt. Des Weiteren wird so das Know-How gehalten. Denn würde z.B. die Planungsabteilung des Straßenbauamtes entlassen, weil die der "falschen" Partei angehören, hätte man ein Jahr Stillstand bis sich die neuen Leute eingearbeitet haben, falls diese überhaupt die Qualifikation dazu haben.
Im Falle des Stadtführers waren die Leute im Touribüro auch so begeistert wie ich und riefen ihren Chef an, ob ein neues Exemplar kommen wird. Man hat durch den Wechsel wohl aber gar nicht mehr die Druckvorlagen, die man ja nur aktualisieren müsste. Und so wird es wahrscheinlich kein neues Exemplar geben, denn man müsste das Buch quasi neu erstellen. Dies ist nur ein Beispiel, in anderen Bereichen des Staates wird es ähnlich laufen.

Korruptionswahrnehmungsindex
Auf meiner Reise habe habe ich gemerkt, wie stark Korruption ein Land und die Entwicklung hemmt. Es geht einfach nicht voran und die Leute geben es auf, sich für den Staat einzusetzen. Mit Maßnahmen wie der Einführung von Beamten kann man Korruption gut in den Griff bekommen, wie das Beispiel Deutschland im neunzehnten Jahrhundert zeigt. Auch Nationalstolz bzw. ein notwendiges Nationalbewusstsein lässt sich fördern, damit die Leute sich mit dem Staat identifizieren. Ist die Kultur jedoch zu stark auf die Familie ausgerichtet, wird es schwer, denn über Generationen gewachsenen Kultur lässt sich auch nur über Generationen ändern.

Chile - (Un)freundlichkeit

Jetzt wird es subjektiv, aber dieser Eintrag muss sein, damit ich damit abschließen kann.

Was mich an Chile wirklich stört, ist die Unfreundlichkeit und Ignoranz der Leute, die ich so noch nirgends erlebt habe. Man hat einfach kein Verständnis für Touristen und auch kein echtes Interesse, sich mit ihnen zu beschäftigen. Als Beispiel sei mal der erste Vormittag nach meiner Bolivien-Reise beschrieben:
Da die Waschmaschine meiner Gastmutter hier kaputt war, habe ich alles in einen Sack gepackt und bin zur nächsten Wäscherei gegangen. Dort fragte ich nach dem Preis für ein Kilo Wäsche. (Sowohl in Südchile, Bolivien und Argentinien bezahlt man pro Kilo Wäsche und das ist recht preiswert.) Ich bekam die rüde Antwort, dass hier nach Kleidungsstücken bezahlt wird. Nun gut, ich machte meinen Beutel auf und fragte, wie das denn mit den Kleinteilen wie Socken gehandhabt wird. Daraufhin wurde ich verbal aus dem Geschäft geworfen. Dreckige Socken sind ja eklig und ich solle meinen Scheiß doch alleine waschen, hier werden nur Hemden und Anzüge gewaschen. OK, kann man aber auch netter sagen. Also habe ich mich nach einer weiteren Wäscherei durchgefragt und fragte dort dann, wie viel denn ein Wäschestück kostet. Empört wurde mir mitgeteilt, dass man hier nach Volumen bezahlt und mein Beutel würde 8 € kosten. Ich fragte nach, welches Volumen denn mein Beutel hat und wie sich der Preis berechnet, wenn das Volumen doch gar nicht gemessen wurde. Die Frau lief daraufhin rot an (sic!) und knallte mir einen großen Wäschekorb mit geschätzten 50 Litern Volumen auf den Tisch und meinte, alles was da rein geht, kostet 8 € und wenn ich zu blöd bin und mit so wenig Wäsche ankomme, wäre das mein Problem. Danach hat sie den nächsten Kunden aufgerufen. Gut, ich bin dann in einen Supermarkt und habe nach Handwaschmittel gefragt. Keiner kannte so etwas und ein Angestellter meinte, woher ich denn käme, in Chile muss man seine Wäsche doch nicht mehr mit der Hand waschen. (Schlussendlich habe ich mein Zeug im Waschbecken mit Shampoo gewaschen.) Na ja, um die Ecke war die Hauptzentrale der chilenischen Tourismusbehörde und ich fragte dort nach einem aktuellen Busliniennetzplan. Die hatten aber nur dem vom September letzten Jahres da, da aber Anfang März eine neue Metro-Strecke eröffnet wurde, hat man natürlich auch die Buslinien angepasst und auf der Homepage des Verkehrsverbunds stand, dass man den neuen Plan überall bekäme. Als ich der Frau in der Touriinfo das sagte, ist sie laut geworden: Wenn ich denn schon alles besser wüsste, soll ich doch selber sehen, woher ich den Plan bekomme. Ich versuchte sie zu besänftigen und meinte, dass es doch ein netter Service wäre, wenn die den neuen Plan bestellen würden, damit sie die aktuellen Sachen haben. Aber sie hat mich einfach ignoriert. (In der selben Touriinfo wurde ich schon mal fast rausgeschmissen, als ich nach einem Veranstalter für eine Tour nach Sewell fragte. Man gab mir einen Flyer in die Hand und meinte, dass ich ans andere Ende der Stadt in ein Büro fahren müsste, um zu buchen. Ich rief stattdessen aber die Telefonnummern auf dem Flyer an, die aber allesamt ungültig waren. Ich ging also wieder in die Touriinfo und fragte nach. Die Frau fauchte mich an, dass sie ja auch nichts von anrufen gesagt hätte. Dieser Tonfall war dann sogar ihrem Kollegen zu unhöflich und er schaute fix im Netz nach und fand heraus, dass der Flyer total veraltet war. Trotzdem hörte die Frau nicht mit Beschimpfungen auf und faselte etwas von besserwisserischen Deutschen.)
Um an den Liniennetzplan zu kommen, bin ich dann in eine Metrostation gegangen und fragte dort am Fahrkartenverkauf. Der Mann da meinte, dass es so einen Plan nicht gibt. Ich wies darauf hin, dass dieser Plan aber im Netz steht und dort auch als gedruckte Version beworben wird und ich solch einen Plan auch schon einmal hatte. Er meinte nur, dass man den vielleicht im Buchladen kaufen könnte. Aber nun steht extra auf dem Plan, dass er kostenlos und unverkäuflich ist. Ich meinte, dass er doch in seinem PC schnell im Netz nachschauen könnte und mir sagen, woher ich den bekommen könnte, aber er hat mich dann auch einfach ignoriert. Krass, denn es ist er ist ja beim Verkehrsverbund angestellt und weigert sich, sich über deren Angebote zu informieren! Weiter ging es mit dem Versuch Bolivianos in Pesos zu tauschen, aber keiner, weder in Banken noch in Geldwechselgeschäften, kannte die Währung - total irre! (Eine Firma bot mir dann mach langem Telefonieren 50 Pesos für einen Boliviano, aber der Wechselkurs sind 68 P. pro B.. Verzweifelt wollte ich am nächsten Tag für diesen Wucherkurs tauschen, aber dann wollte man mir nur noch 40 zahlen. Am späteren Nachmittag dann nur noch 30! Schlussendlich habe ich im internationalen Busterminal eine europäische Wechselstubenfirma gefunden, die die Währung kannte und mir 60 P. bezahlt haben.) Mittlerweile war es Mittag und ich bestellte in einer Hotdog-Bude ein Menü mit Getränk, da das billiger war als ohne Getränk. Da ich aber vorher schon knapp einen Liter Wasser getrunken hatte, sagte ich, dass ich das Getränk nicht brauchte. Die Verkäuferin konnte das nicht verstehen, denn es wäre ja im Preis dabei und es unsinnig es nicht zu nehmen. Aber auch meine Erklärung half nichts, sie steigerte sich nur noch mehr hinein und murmelte ein "tonto" (dumm) vor sich hin, während sie mir widerwillig meinen Hotdog machte.
Solche Geschichten sind mir zuhauf passiert und ich könnte Abende damit füllen. Fakt ist, dass viele Chilenen unhöflich, ignorant und oft auch unwissend sind. Sobald man eine Fragestellung hat, die nicht genau 0815 ist, bekommt man in diesem Land einfach Probleme. Die Leute wollen sich nicht damit auseinandersetzen und sie interessiert es schlicht auch einfach nicht. Man weiß nur genau das, was einen unmittelbar betrifft. Dass man etwas nicht weiß, gibt man aber nie zu. Dies führt zum Beispiel dazu, dass man, wenn man nach dem Weg fragt, immer eine detaillierte Antwort bekommt, selbst wenn die Leute gar keinen Plan haben, wo es eigentlich lang geht. Gerade das ist als Tourist sehr nervig, da man viel Zeit mit sich verlaufen verbringt.
Als Tourist fühlte ich mich oft unwillkommen und nur als Typ, dessen Geld man will. Ganz ehrlich gesagt war Bolivien und Argentinien daher für mich wie eine Kur von dieser Unfreundlichkeit. Dort sind die Leute einfach nett und vor allem aufgeschlossen.
Einige warfen mir hier vor, dass ich mich nur einfach zu sehr aufregen würde. Und ja, mich regt auf, dass die Fassade so wichtig ist, alles perfekt scheint, aber eben nicht ist. Wenn in Bolivien ein angerosteter Bus vorfährt, weiß ich was mich erwartet, ich kann mich also darauf einstellen und bleibe locker. Wenn ich aber in Chile in einem aus Holz gebauten, schnuckeligen Busterminal von Busfahrern mit schicken Anzügen begrüßt werde. Dann in einen äußerlich super gepflegten Bus steige, an dem mit einer Klimaanlage geworben wird und der teuer ist, aber dann die Armlehne sich nicht verstellen lässt, nach er ersten Bodenwelle die Lehne nach hinten wegklappt und die Klimaanlage kaputt ist, so dass man über Dachluke belüften muss, wodurch ich als 2 Meter Mann Stunden in heftiger Zugluft sitzen muss, dann regt mich das in der Tat auf.

Das war es zu Chile. Wer mehr Fakten über das Land will, ist beim World Fact Book an der richtigen Adresse.

Chile - Soziales und Lebenseinstellung

Weiter geht es mit der Lebenseinstellung vieler Chilenen. Diese ist natürlich nicht für alle Leute gleich, aber viele Dinge sind mir so oft begegnet, dass sie doch eine Mehrheit der Chilenen repräsentieren dürfte:
Die wichtigen Punkte im Leben sind Geld und Familie.
Ich fange mal mit dem Geld an. Ich habe das Gefühl, dass sich alles nach dem Geld richtet. So ist zum Beispiel alles, was nicht mehr Geld verspricht, töricht bzw. unsinnig. Am häufigsten wurde ich daher auch kritisiert, dass ich
  • Spanisch gelernt habe. Es bringt mir für meine Arbeit ja nicht viel und ich werde wahrscheinlich auch deswegen keinen Euro mehr verdienen. Das ich also 450 € für einen Sprachkurs ausgegeben habe, ist daher für viele unverständlich.
  • reise. Reisen kostet doch nur Geld und bringt nichts ein. Mehrfach wurde ich gefragt, ob Deutschland denn nicht auch schön sein und warum ich denn hier Urlaub mache. Ich habe dann meist geantwortet, dass ich Chile so toll finde, aber das änderte nichts daran, dass Reisen Geldverschwendung ist. Und so habe ich weder in Bolivien noch Argentinien auch nur einen Chilenen getroffen. Und gerade Bolivien ist für Chilenen ja sehr preiswert - für das Geld einer Woche in Chile, kann man 4 Wochen in Bolivien urlauben. In Bolivien gab es daher auch viele Touristen aus Argentinien und Brasilien. Aber da greift wieder die Logik, des sich absondern wollens und so habe ich oft den Spruch zu hören bekommen, dass Bolivien ja so ein rückständiges Land sei, dass man da eben nicht hinfährt. Argentinien ist aber nun genauso weit entwickelt wie Chile, aber trotzdem fährt man da nicht hin. So saß neben mir auf der Rückfahrt von Mendoza nach Santiago eine Frau, die so ziemlich jeden Fels fotografierte. Ich fragte, ob es denn das erste Mal für sie in Chile sei, aber sie ist Chilenin. Mit ihren 45 Jahren war sie jetzt das erste Mal in Mendoza und auch in den Hochanden. Und dass, obwohl sie in Santiago wohnt und es von dort nur 150 km bis zur argentinischen Grenze sind. Mendoza wäre also die perfekte Stadt für Wochenendtrips aber die meisten Leute im Bus waren Argentinier. In Córdoba registriert man in der Touriinfo von jedem die Nationalität und so fragte ich nach, wieviele Chilenen denn in der Liste sind - kein einziger! Das ist in etwa so, als würde man in Lyon (ebenfalls zweitgrößte Stadt des Landes) keinen einzigen deutschen Touri treffen - undenkbar. Das krasseste ist mir diesbezüglich aber in Lota passiert, als ich mich kurz vor dem Eingang zur Kohlemine verlaufen hatte und einen Mann nach dem Weg fragte. Er zeigte mir den Weg, fing aber zugleich an mir vorzudozieren wie blödsinnig es sei, hierher zu kommen. Was mir denn das jetzt bringen würde, wieso ich alleine hier bin, ob ich denn keinen Job hätte und überhaupt wären alle Gringos verrückt und ich ein gutes Beispiel dafür. Dann meinte er noch, dass das Unsinnigste was er jemals erlebt hat, ein Ami gewesen ist, der mit dem Fahrrad Chile von Süd nach Nord durchfahren wollte und in Lota vorbeikam. Als Vergleich: unser Fahrer im Salar de Uyuni (Bolivien) erzählte, dass mal ein Franzose mit dem Rad vorbeikam, der allein im Altiplano unterwegs war. Er fand es interessant und hat ihn in sein Haus eingeladen und beherbergt. Einige Jahre später kam der Franzose mit seiner Frau und Kindern wieder um sich zu bedanken und weil er es so toll fand. Dies war eine der schönsten Überraschungen im Leben unseres Fahrers. Da zeigt sich wieder, was wirklich wichtig im Leben ist: Geliebt zu werden und die Dinge, auf die man nach dem ersten Jahr in Rente gern zurückschaut. Und das ist eben nicht "Der Geschäftsabschluss 2013 war echt super!", sondern privates Glück und Erlebnisse wie diese.
Das Streben nach Geld führt leider auch zu wenig Kultur. So habe ich außerhalb Santiagos z.B. kein Kino gesehen und selbst in Städten mit ca. 200000 Einwohnern wie Chillán und Temuco, habe ich kein Theater gefunden. Es gab auch keine wirklichen Discos und auch keine "richtigen" Restaurants. Wir haben oft nach Restaurants gefragt, aber die Leute haben und uns immer in Hamburgerlokale geschickt. Denn richtig Essen gehen kostet eben Geld, was man nicht hat oder für Anderes ausgibt. Dass es keine Kinos gibt, liegt daran, dass man sich die Filme lieber zu Hause anschaut, da das billiger ist. Über Kultur wird auch gnadenlos Buch geführt: kommen weniger Besucher als vorgesehen, wird die Einrichtung dicht gemacht. Deswegen waren die in Lota in ihrem halb verfallenen Theater auch so froh, dass sie mich als Besucher zählen konnten, obwohl ich ja gar nichts angesehen habe. Alles in allem ist dadurch selbst in bolivianischen Kleinstädten wie Tupiza (wo die Leute ja eigentlich noch weniger Geld haben) deutlich mehr los als z.B. in Chillán. (Übrigens wurde in Chile die Zensur von Filmen, Zeitungen und des künstlerischen Ausdrucks erst in den Jahren 2000 - 2005 schrittweise abgeschafft.)

Kinder und Familie sind wie in jeder Gesellschaft der zentrale Punkt des Lebens. Ehe ich darauf eingehe, muss ich aber ein Tabu ansprechen, dessen sich jeder Reisende bewusst sein sollte: Ist man älter als 25 Jahre und hat keine Kinder, wird man je nachdem für schwul oder lesbisch gehalten. Damit muss man klarkommen, denn man kann noch so viel erzählen, aus dieser Schublade kommt man nicht so schnell wieder heraus. Dies ist auch in vielen Ländern so, man braucht z.B. nur nach Osteuropa fahren, wo ich das auch schon selbst erlebt habe. Reisen zwei Freunde oder zwei Freundinnen zusammen, gelten sie oft auch automatisch als homosexuell. Gut, jeder kann denken was er will aber in Chile spricht man das auch aus. Besonders toll ist aber, wenn die Leute nett sein wollen, denn akzeptiert wird noch die Option hässlich oder geistig "eingeschränkt" bzw. "komisch". Dann darf man sich so Dinge anhören, wie diesen Monolog, mit dem mich mal eine ältere Frau in der Metro ungefragt belästigt hat: "Hmm, noch keinen Ring am Finger. Gut, du siehst ja nicht gerade hübsch aus, kein Wunder dass du noch nicht verheiratet bist. (Sie blickt auf meine Haare.) Dir Ärmsten fehlen ja auch schon die Haare und eine Brille musst du auch tragen. Na ja, aber dafür bist du ja reich (Da ich "weiß" bin, muss ich in den Augen der meisten Chilenen automatisch viel Geld haben.) und da findet sich doch bestimmt eine..." Eine Andere meinte zu mir in gebrochenem Englisch, dass mein dünnes Haupthaar auf eine "bad DNA" schließen lässt. Da stand ich manchmal ziemlich baff da und es hat mich auch etwas mitgenommen. Aber das hatte auch sein Gutes, denn nun kann mich keine Beleidigung mehr so leicht schocken. Die Touristinnen, die ich traf, bekamen so etwas nicht gesagt, aber anderen allein reisenden Touristen hat man Ähnliches an den Kopf geknallt.
Zurück zum Thema. Die Familie ist der Dreh- und Angelpunkt des Lebens. So ist der Zusammenhalt zwischen den Familienmitgliedern wie Onkeln/Tanten, Schwagern, Cousins etc. viel stärker als in Deutschland. Kinder bekommt man sehr zeitig. Da die Chilenen trotz des ständigen über Sex Redens irgendwie verklemmt sind, gibt es an den Schulen keine richtige Aufklärung. So beklagte sich bei mir ein Lehrer, dass er nicht aufklären darf, die Eltern aber sogar auf die Schulausflüge mitkommen, damit ihre Kinder ja keinen Sex haben. Aus dem selben Grund dürfen Schulausflüge auch nicht über mehrere Tage gehen. Aber doch sind es meist deren Kinder, die mit 17 schwanger sind. 25 % der chilenischen Mütter bekommen ihr Kind mit unter 20, [Kindernothilfe]. Oft sieht man Leute in der Stadt bei denen man denkt, die eine ist die ältere Schwester, aber dann sagt das jüngere Kind auf einmal Mama zur Älteren. Die Anzahl der Kinder korreliert mit dem Einkommen der Eltern - die Ärmeren haben mehr Kinder.
Geheiratet wird auch sehr früh. Dies hat aber nicht viel zu bedeuten, da nicht wenige Männer sich alsbald eine neue Frau suchen aber verheiratet bleiben. Seit 2003 darf man sich aber auch scheiden lassen und ich habe viele Leute getroffen, die stolz auf ihre Scheidung sind. Und wenn man schon mehrfach geschieden ist, hängt man das gerne auch an die große Glocke, da das wohl Männlichkeit symbolisiert. In Temuco sprach mich eine Frau an, ob ich nicht mit zu ihr nach Hause kommen möchte, sie würde was Tolles kochen und ich könnte ihre 21 Jahre alte Tochter kennenlernen. Ihre anderen zwei jüngeren Töchter standen daneben und waren total über ihre Mutter empört. Aber sie blieb hart und meinte, dass es Zeit wird, dass ihre Älteste unter die Haube kommt.
Man redet gerne und ausgiebig über Sex. So wurde ich in einer Bar auf einen Pisco Sour in eine Trinkrunde eingeladen. Nach einer Weile wurden Nacktbilder der letzten Errungenschaften und/oder Prostituierten herumgereicht. Fremd gehen ist auch ziemlich angesagt und auch damit wird in Männerrunden geprahlt. Nach außen wird in der Öffentlichkeit aber das Bild Familie, Harmonie und Liebe hochgehalten und die Ehefrauen werden stolz präsentiert. Die Stundenhotels sind aber gerade zur Mittagszeit ausgebucht, und das manchmal Wochen im Voraus. Ansonsten ist man sehr direkt, wenn es um Sex geht. Viele Touristinnen beschwerten sich, dass die chilenischen Männer sie nach 5 Minuten direkt fragen, ob sie mit ihnen Sex haben wollen. Ansonsten fällt mir noch eine Anekdote ein: Am zentralen Platz in Chillán aßen wir unser Abendbrot. Wir hörten alsbald komische Geräusche und so waren gleich zwei Pärchen, noch bei Tageslicht, in aller Öffentlichkeit am Kopulieren und keinen hat es gejuckt.

Dieser Blogeintrag soll nicht negativ rüberkommen, denn man reist ja um Neues kennenzulernen und jedes Land ist anders und macht gerade den Reiz des Reisens aus. Als Tourist hat man zudem mehr Zeit und bekommt so tiefere Einblicke in die Gesellschaft als in der Heimat. So bin ich mir sicher, dass es auch in Freiburg ausgebuchte Stundenhotels zur Mittagszeit gibt.

Gesellschaft Chiles

Zum Abschluss meiner Reise erlaube ich mir noch ein paar tiefere Einblicke in die Gesellschaft Chiles als auch allgemeine Sachen wie Korruption und Reise-Tipps.

Zu Anfang geht es um die Gesellschaft Chiles. Diese ist extrem in Schichten gegliedert, die sich untereinander wenig austauschen und deren Einkommen sich stark unterscheidet.
Die Mehrheit bekommt, wie schon im Blogeintrag vom 25. 3. angesprochen, ein Gehalt von 250 - 500 € und kann sich keine Uni-Ausbildung leisten. Viele davon leben in der Stadt Santiago in so genannten Poblaciones. Das sind ein- bis dreistöckige Häuser, die der Staat baut und die Wohnungen an die Leute billig weiterverkauft. Meist wohnen dort 5 Leute in einem Raum. Es ist so eng, dass viele illegal mit wilden Konstruktionen Räume anbauen. (Diese Anbauten sind aber nicht erdbebensicher.) Diese Schicht macht meist Handlangerjobs, (siehe den schon erwähnten Blogeintrag).
Die Oberschicht hat studiert und verdient 3000 € und mehr (5000 € sind z.B. in der Bergbaubranche keine Seltenheit.) Mit diesem Gehalt leistet man sich schöne Wohnungen in Gegenden, in denen man unter sich ist. Man separiert sich von den unteren Schichten und gibt dafür auch gerne mehr Geld aus. So sind die gleichen Waren in den Supermärkten der reichen Gegenden teils deutlich teurer als anderswo in der Stadt. Da die Kluft zwischen arm und reich wohl nur in Brasilien größer (4 % der chilenischen Bevölkerung beitzen 80% des chilenischen Vermögens), ist Sicherheit ein wichtiges Thema. Daher müssen die Reichen auch in "Gefängnissen" leben. So sind viele Wohnviertel von 3 Meter hohen Elektrozäunen umgeben und es gibt Wachleute, die bewaffnet am Eingang des Distrikts jedes Fahrzeug kontrollieren. Die Kinder werden auf Schulen geschickt, die ebenfalls Hochsicherheitstrakten gleichen. Einfach auf der Straße spielen können sie auch nicht, denn die Gefahr ist zu groß, dass sie ausgeraubt oder gekidnappt werden. (Mir tun die Kinder leid, die Freiheit als ein Leben hinter Elektrozäunen erlernen.)
Wer den extremen Unterschied zwischen arm und reich hier mal sehen möchte, sollte mal die Straße Hernán Cortés von der Metrostation Los Presidentes aus entlang laufen. Man kommt zuerst an dörflichen Häusern vorbei, dann ist man plötzlich mitten in einer Poblacion, in der sich das Leben auf der Straße abspielt und in der man von den Leuten kritisch beäugt wird. (Ja, da hatte ich auch etwas Angst, da eine Straßenhändlerin auf einmal so etwas wie Wegezoll haben wollte.) Dann kommt ein Schulgebäude und direkt danach sind Villen mit schickem Auto, Garage, kleinem Garten mit Schaukel, Pool und Kinderrutsche. Aber eben umgeben vom Elektrozaun.
Eine Mittelschicht gibt es natürlich auch, allerdings stellt die nicht die Mehrheit, wie in europäischen Ländern. Die Mittelschicht gliedert sich wiederum auf. Ausschlaggebend ist dabei der Besitz und Statussymbole. Es fällt auf, dass die Chilenen viel Geld, oft auf Pump, für Statussymbole wie ein I-Phone ausgeben.
Ich habe mich oft mit Leuten verschiedener Schichten unterhalten und war immer wieder überrascht, wie wenig man voneinander weiß. Folgende Aussagen sind natürlich nicht für alle Leute gültig, aber zumindest in meiner Wahrnehmung, für sehr viele: Die Ärmeren Leute halten nicht viel von den, in ihren Augen, arroganten Reichen und die Reichen behandeln die Ärmeren oft recht herabschätzend. So waren viele Oberschicht-Santiagoer noch nie in den Geschäften am Hauptbahnhof, weil das zu gefährlich wäre (was es zumindest tagsüber definitiv nicht ist und nachts haben die Geschäfte nicht auf) und weil da ja nur die einfachen Leute einkaufen gehen. Wenn ich erzähle wo ich Abends weg war, haben die Leute oft die Nase gerümpft, dass dort ja nur der Plebs hingeht. Und so gehen die Reicheren lieber in Bars, wo das Bier 3 € und mehr kostet, denn da ist man unter sich, da sich das der Plebs nicht leisten kann.
Auch wenn ich hier ein Tabu breche, aber Rassismus ist ein weiteres Problem. So haben sich z.B. asiatische Händler am Hauptbahnhof darüber bei mir beklagt. Die Chilenen haben generell ein etwas angespanntes Verhältnis zu Ausländern, was ich ja selbst erlebt habe. Bei mir waren es Jugendliche, die mich im Bus oder auf der Straße bedrängt und bepöbelt haben, aber auch die Erwachsenen murmeln schnell mal etwas vom blöden Gringo daher. Der Unterschied zwischen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus ist nicht groß, da Ausländer eben so anders sind wie andere Volksgruppen innerhalb eines Landes. Aber auch allgemein bemerkt man latenten Rassismus. So gilt dunkle Haut als "feo" (hässlich) und das wird so auch gesagt. Die Leute mit dunklerer Haut können aber auch die "Weißen" nicht leiden, denn die Weißen sind zu 90 % die Reichen und die Dunkelhäutigeren die Armen. Man muss sich nur umschauen, wer die Putzkräfte und Eisverkäufer sind, dann wird das offensichtlich. Wer im "falschen" Stadtteil wohnt, wird bei Bewerbungen oft benachteiligt. Dies haben mir mehrere Leute erzählt.

Ich will die chilenische Gesellschaft nicht schlecht reden, aber dieser extreme Unterschied zwischen arm und reich ist doch sehr bedenklich und wird in meinen Augen durch das Bildungssystem auf absehbare Zeit so bestehen bleiben.
Relativierend sei gesagt, dass es Ausländerfeindlichkeit bei uns in der selben Form, wie ich sie hier erlebt habe, auch gibt. Und in vielen Ländern der Erde ist es ähnlich, vielleicht weil es irgendwie menschlich ist. (Das ist deswegen natürlich trotzdem zu bekämpfen, denn Kriege sind auch menschlich, aber trotzdem nicht erstrebenswert.) Rassismus habe ich in Bolivien auch erlebt und Touristen, die ich traf, bemerkten Rassismus auch in Brasilien und Peru.

Apr 6, 2011

Cry for Argentina!

Ich habe in Argentinien so viel mit Einheimischen gesprochen, wie sonst nirgends. Die waren einfach nett und interessiert. Und dass ich mich für ihr Land interessiere und sogar Tageszeitung lese, kam irgendwie gut an. Und so habe ich viele Sachen über ein Land erfahren, dass in langsam an Kriminalität und Korruption erstickt: Schon auf der Busfahrt von Santiago nach Mendoza wurde ich von den Mitfahrern vor der Kriminalität gewarnt. So ist es nach Einbruch der Dunkelheit gefährlich draußen. Mein Nebenmann hatte sogar eine Träne im Auge als er meinte, dass man bis vor zwei Jahren in Buenos Aires die Nächte draußen sitzen und die einzigartige Nachtkultur genießen konnte und nun geht das wegen der Kriminalität nur noch eingeschränkt. In Buenos Aires haben die wohl große Drogenprobleme. Aber selbst in Mendoza ist Einiges im Argen; ich kaufte mir eine Tageszeitung in der berichtet wurde, dass sie gerade eine Bande hochgenommen haben, die Touristen mit täuschende echt aussehenden Plastikpistolen ausgeraubt hatten. Dann wurde berichtet, dass es in dem Viertel meines Hotels (nur 5 Blocks vom zentralen Platz entfernt) täglich 9 Überfälle gibt. Ich fühlte mich allerdings dort recht wohl und sicher. Das krasse ist aber, dass die Polizisten ebenfalls Diebe sind. Immer wenn man mir dies erzählt hat, habe ich ungläubig geschaut, aber z.B. im Bus zum Canyon hatte jeder eine Geschichte auf Lager, wie er von der Polizei bestohlen wurde. Aus diesem Grund lässt man Polizei auch nicht ins Haus, da dann meist etwas fehlt. Einer erzählte mir, dass er einen Tipp bekam, wo er seine gestohlenen Sachen zurückkaufen konnte - einen der Verkäufer erkannte er als einen Polizisten. Die Jugendlichen, die stehlen, werden meist nicht dafür bestraft. Eine Frau erzählte mir, dass die von mehreren in ihrem Haus überfallen wurde, es dann mit der Polizei sogar Lösegeldverhandlungen gab, die  Täter dann aber gegen so Sachen wie Fernseher sie in Ruhe gelassen haben und freies Geleit bekamen. Obwohl die Polizei ja dadurch die Täter kennt und sie Anzeige erstattet hat, laufen sie immer noch frei herum. Im Bus waren sich alle einig, dass man gegen Bestechung einfach nach ein paar Tagen Knast wieder raus kommt.
Auf den Landstraßen gibt es ca. alle 50 km Polizeikontrollen, da wohl viele Autos gestohlen werden und alle Autos ohne Papiere werden dann rausgezogen. Und so standen dann auch an einigen Kontrollstellen geschätzte 50 Autos ohne Fahrer herum, die man wohl beschlagnahmt hatte. Ansonsten gab es auch jede Menge Streiks. In Córdoba war der Autobahnzubringer mit brennenden Teilen blockiert. Die Demonstranten habe da eine ausgefeilte Technik entwickelt, dass die Polizei die Barrikaden nicht löschen kann. So werden Haufen mit kleingehäckselten Reifen angezündet; in die Haufen mischt man aber (wahrscheinlich) leere Spraydosen. Diese explodieren dann nach und nach durch die Hitze und weil das so unberechenbar und gefährlich ist, halten alle einen großen Abstand davon. Die Explosionen sind aber auch echt heftig. In Mendoza waren die Streiks friedlicher. So fuhren die Obusse z.B. nur 8 Stunden am Tag. Die Forderung der Busfahrer: 30% mehr Lohn! Der Grund ist die immense Inflation in Argentinien, satte 25 - 35% im letzten Jahr. Daher kommt es auch zu großen Preisunterschieden bei z.B. Nahrungsmitteln. Je nach Geschäft hat man andere Preise für ein Produkt, je nachdem ob das Geschäft die Preise der Inflation schon angepasst hat.
Als ob das nicht schon genug Probleme wären, ist das Land unglaublich korrupt. So stand in der Zeitung, dass Wikileaks-Dokumente offenbaren, dass die USA die aktuelle Regierung für noch korrupter hält als alle Vorgängerregierungen. Und die Leute pflichteten dem bei. Ich habe so viele Geschichten von den Leuten gehört, dass es wirklich ein einziger Sumpf zu sein scheint. Aber auch mir als Touri fällt das auf: So gibt es in Córdoba einen wunderschönen Bahnhof mit Keramikverzierungen.
Bahnhof von Córdoba.

Also bin ich da mal hin. Am Fahrkartenverkauf konnte man nur eine Strecke kaufen und der Zug fährt genau ein Mal am Tag. Man erzählte mir, dass eine S-Bahn Strecke geplant war, die zu einer Wahl fertig werden sollte. Sie wurde auch pünktlich eröffnet, da aber wegen Termindruck geschludert wurde, mussten sie den Betrieb nach ein paar Wochen nach einem Unfall schon wieder einstellen. Die Wahl war aber nun gelaufen und so passiert erstmal nichts weiter, bis auf den täglichen Alibi-Zug. In Mendoza wurde auch gerade mit dem Bau einer S-Bahn begonnen. Einweihungstermin ist schon im Oktober - vor der Gouverneurswahl. Und so lässt sich der Gouverneur auch ordentlich dafür abfeiern. So hängen aller 50 Meter! an der Strecke riesige Plakate mit seinem Namen drauf und die Präsidentin Argentiniens hat gar ihr Gesicht drauf drucken lassen.

S-Bahn Baustelle am alten Bahnhof von Mendoza. Links sieht man eines von den Plakaten der Selbstbeweihräucherung. Das Gesicht der Präsidentin ist hinter dem Mast verborgen.

Weil alles so hau-ruck mäßig geschieht, haben die aus den USA gebrauchte S-Bahn Triebwagen gekauft, die in den Achtzigern in Deutschland produziert wurden. Ich wette, das geht nicht gut. Mendoza hat ja viele Parks und in jedem davon gibt es mindestens ein Denkmal. Dort sind große Tafeln angebracht, auf denen aber nur die Namen des Gouverneurs, Stadtbaurats etc. stehen, die bei der letzten Sanierung gerade im Amt waren.
Ich bekam oft den Spruch gesagt: "Argentiniens Problem sind die Argentinier." Und irgendwie trifft es das auch, denn die Korruption ist hausgemacht und die Leute wählen ja die selbstverliebten korrupten Politiker. Dazu passt absolut Die Ärzte - deine Schuld. Einige meinten augenzwinkernd, dass ja die meisten Argentinier italienischer und spanischer Abstammung wären und das allein schon viel erklärt.
Wahlkampf. Sinnfreie Parolen (OK bei uns sind die Plakate auch nicht besser). Cristina ist die derzeitige Präsidentin Argentiniens.

Ach so, Argentinien ist ein Oldtimerparadies. In Bolivien waren es ja nur uralte Jeeps und Busse, da man sich meist kein eigenes Auto leisten kann, in Argentinien sind es aber vor allem PKW. Die einzige Beschränkung für ein Auto ist nämlich, dass es nicht lauter sein darf als 85 dB. Und so fahren dort Unmengen an alten Chevrolets, Fiats und vor allen Renaults aus den Sechzigern und Siebzigern herum. Vor allem Renault R12 (Produktionsstopp 1980) sind heiß begehrt, da man die wohl einfach nicht kaputt bekommt. Die sind so häufig, dass man sich ein bisschen wie in Rumänien fühlt (für die nicht Ossis siehe Dacia 1300). Für einen gut erhaltenen R12 bekommt man immer noch rund 2000 €.
(Man beachte auch den anderen heutigen Blogeintrag.)

Im Schatten des Aconcagua

Während vor einer Woche in Mendoza absolut kein Zimmer aufzutreiben war, war diesmal der Busbahnhof voll mit Leuten, die Zimmer anboten. Und so konnte ich sie so weit runterhandeln, dass ich für 14 € ein Doppelzimmer mit Bad und Frühstück hatte. Mendoza scheint DIE Urlaubsstadt in Argentinien zu sein, denn an wirklich jeder Ecke findet sich ein Hotel und dass man trotz des immensen Angebots kein Zimmer findet, scheint an Feiertagen normal zu sein. Ich hatte Glück, denn ich kam am Freitag an und der Sonnabend war auch wieder ein Feiertag an dem man dem Falklandkrieg gedenkt. Aber dieser Feiertag ist "freiwillig", jede Firma kann also selbst entscheiden, ob sie da mit macht.
Nach Chillen am Freitag in einem der zahlreichen Parks, habe ich mir am Sonnabend ein Fahrrad ausgeliehen (das kostete nur 5 € pro Tag und passte auch für meine Größe) und wollte die viel beworbene Tour durch die Boadegas (Weinfabriken) machen. Aber das Paradoxe in Argentinien ist, dass am Wochenende alle Museen geschlossen haben. Der Grund ist, dass die Museumsangestellten nicht einsehen, warum sie am Wochenende arbeiten sollen, wenn die anderen Leute da auch nicht arbeiten müssen; kein Scherz! Das ist unsinnig, denn die Arbeiter und Angestellten haben ja gerade am Wochenende Zeit in Museen zu gehen und einen Ausflug mit der Familie zu machen. Die Hoteliers und viele Argentinier regen sich darüber auf, aber die Museumsleute bleiben hart.
Ein Museum hatte aber trotzdem auf, aber da damit keiner rechnet, war ich der einzige Besucher in der einst größten Weinfabrik der Welt. Sie ist 1996 pleite gegangen und so sind die riesigen Hallen heute nur noch ein Museum, allerdings mit der Originalausstattung. Die Privatführung mit anschließender Weinverkostung war sehr unterhaltsam und so waren 2 Stunden weg wie nichts. Weiter ging es in eine noch produzierende Bodega, die wegen einer Rentnergruppe extra aufgemacht hat. Weil ich zufällig genau zur selben Zeit wie die Gruppe da vorbei fuhr, durfte ich auch mit rein und bekam wiederum eine Privatführung mit kostenloser Verkostung. Dann war ich noch in einer Olivenölmanufaktur. Ich ließ mir dort den Produktionsprozess von Olivenöl zeigen und war baff, we simpel das ist. Im Endeffekt haben die nur eine einzige Maschine in der Garage ihres Hauses stehen. In die füllt man oben die Oliven ein und unten kommt das Öl raus, das sie direkt verkaufen. Die ganze Manufaktur besteht aus nur einem kleinen Haus in dessen Küche sie noch ein paar Marmeladen kochen, Schokolade herstellen und auch Schnäpse aller Art destillieren. Die Gelegenheit habe ich gleich genutzt und mal wieder einen Absinth getrunken.
Am Sonntag habe ich eine Bustour nach San Rafael und den Cañón de Atuel gebucht. Die Tour ging von 7 Uhr früh bis 10 Uhr Abends und so dachte ich, dass man trotz 400 km Fahrerei noch genug Zeit vor Ort hätte. Aber denkste, denn ich war 13 Stunden im Bus, der ein Mercedes Sprinter war, in den die 20! Sitze reingequetscht haben. Durch den Canyon, der ja das eigentliche Ziel der Tour war, sind wir nur durchgefahren. Man durfte nicht aussteigen, da man dazu angeblich keine Zeit hätte. Wie ärgerlich, denn der Canon ist grandios aber Fotos durch die Busfensterscheibe machen ging nicht. Außerdem saß ich rechts, die Straße geht aber auch rechts im Canon entlang. Und so konnte ich nur aller 5 Minuten mal einen Blick auf den Canon erhaschen, ansonsten habe ich nur Felswand gesehen - was für ein Reinfall! Zudem hat uns die Reiseleiterin wie eine Kindergruppe behandelt. Ich habe mich innerlich fürchterlich darüber aufgeregt, aber die Leute im Bus fanden es toll, dass man nach jedem 50 Meter Tunnel den Busfahrer beklatschen sollte und dass es so tolle  Fragerunden gab, wie "Wohin wollen wir den heute fahren? In den Canyon! Ja, richtig, heute fahren wir in einen Canyon..."  Nach dem Canyon haben wir dann endlich mal eine Stunde Pause gemacht. Dort gab es die Möglichkeit Canopy zu machen, die ich natürlich genutzt habe. Es ging 6 Bahnen entlang, teilweise 30 Meter über dem Fluss. Hat Spaß gemacht.
Mendoza selbst hat zwar keine alten Häuser zu bieten, da es mal durch ein Erdbeben zerstört wurde, aber gerade deswegen hatte man viel Platz und hat viele Parks angelegt. Der Park San Martín ist riesig und der perfekte Ort, die Stunden wie einen Hundertmetersprinter an sich vorbei rennen zu lassen. Die Straßen der Stadt sind fast alles Allen, die wegen der Erdbebengefahr zudem auch noch sehr breit angelegt wurden. Gerade jetzt im Frühherbst ergibt sich durch die Laubfärbung ein tolles Bild. Es muss aber alles künstlich bewässert werden, da es Regen nur von Januar - März gibt. Und so sieht das Umland auch recht karg aus - die typische Pampa eben mit Büschen und Geröll. Dieser Winter war so regenarm, dass das Wasser jetzt rationiert wird. In der Zeitung war eine Liste, für was die Stadt das Wasser benutzt. 45% gehen nur für die Bewässerung der Parks und Gärten drauf. Erstaunlicherweise reicht der Regen aber für die riesigen Weinplantagen der Umgegend Mendozas aus.
Die Rückfahrt von Mendoza nach Santiago habe ich am Montag gemacht. Zwei Tage vorher hat es einen Unfall mit einem Reisebus mit einer Toten und Amputationen gegeben. Also habe ich bei dieser Busfirma gebucht, da mit ihr erstmal weniger Leute fahren wollte (obwohl der Busfahrer wohl gar keine Schuld am Unfall hat). So hatte ich einen Platz vorne im Oberdeck am Fenster und konnte die grandiose Landschaft genießen. Was für eine Fahrt!!! Die beeindruckendste Busfahrt meines Lebens. Man blickt die ganze Zeit auf den Aconcagua und schraubt sich dann durch faszinierende Landschaften bis auf 3200 Meter hoch. Dann geht es ziemlich steil wieder hinunter. Da das die Bremsen an die Grenze bringt, wird mit Motorbremse mit max. 40 km/h runter gefahren. Dadurch hat man noch mehr Zeit es einfach nur zu genießen. Allein auf den ersten Kilometern Abfahrt sind es über 20 Serpentinen. Also, solltet ihr mal in Santiago sein, dann ist ist dass ein Muss. Die Fahrt kostet um die 20 € und darin ist Service mit inbegriffen, also Snacks, Sandwiches, Kaffee und zwei Kinofilme. Fahrzeit 7 Stunden, davon 5 in den Anden. Um einen Panorama-Platz zu erwischen, sollte man aber schon zwei, drei Tage im Voraus buchen.

In einem der zahlreichen Stadtparks Mendozas.
Typische Straße in Mendoza.
Im Park San Martín.
Nicht in der Natur, sondern ebenfalls in der Stadt, im Park San Martín.
Olivenölmaschine - mehr braucht man außer den Oliven nicht für die Ölherstellung.
Öl-, Marmeladen-, Schokoladen- und Schnapsmanufaktur, alles in diesem kleinen Haus.
Diesen Blick auf den Aconcagua hat man während der Weintour ständig.
In der einst weltgrößten Weinfabrik namens Giol.

Damit man mal eine Vorstellung der Größe der Fabrik bekommt, hier ein Bild als man noch produziert hat.
Ausgequetschte Trauben. Sieht komisch aus, riecht aber so gut, dass ich davon süchtig werden könnte.
Stausee am Ende des Canyons. Wie man sieht fehlt Wasser.
Im Canyon de Atuel. Sehr schön sieht man die verschiedenen Minerale.
Auf geht es zum Canopy.
Yeah.
Hier sieht man die Bahnen. Von hier oben sind es ca. 30 m bis hinunter zum Fluss.
Auf geht es nach Chile, den Aconcagua immer im Blick.
weiter,
immer weiter hinein in die Hochanden. Die Bahnstrecke im Bild ist schon seit langem eingestellt.
Spektakuläre Täler
und mal eben knapp tausend Meter hohe steile Geröllhänge.

Diesen LKW hat es ein paar Minuten vor uns auf die Seite gelegt.
Grenztunnel unterhalb der Passhöhe.
Da geht es wieder hinunter.
In zahlreichen Serpentinen.

p.s. Habe ich schon erwähnt, dass ich den Gürtel enger schnallen muss? Aber klar, das ständige auf Achse sein und Sport treiben tut der Figur eben auch nicht gut.

Apr 1, 2011

Chillax to the max!

So langsam werde ich reisemüde. Und so habe ich von Córdoba aus zwei Tagestouren gemacht um zu chillaxen. Tour Eins ging nach La Cumbre. Dort habe ich mir ein Fahrrad ausgeliehen und bin ein Bisschen durch die Gegend gecruist. Zuerst auf den Berg über der Stadt zu einem Stausee und zur Estancia Rosario. Estancias sind so etwas wie zu DDR-Zeiten LPGs. Die produzieren alle möglichen landwirtschaftlichen Produkte, vermarkten sie aber selbst. Die Spezialität dieser Estancia ist Alfajor, eine der in Südamerika so beliebten Dulce de Leche-Gebäcke. Dann bin ich bei herrliche Spätsommerwetter weiter zum Aussichtspunkt "Cuchi Corral" 10 km südlich der Stadt. Was ich nicht wusste, ist dass dies ein weltberühmter Startpunkt für Paraglider ist. Und was für ein toller Anblick, denn man fährt erst durch typische Pampa-Landschaft und auf einmal sieht man ein völlig unberührtes Tal 250 m tiefer. Dazu passt Lemongrass - Sunrise at Fujiyama. Das Fahrrad passte sogar für meine Größe, aber der Sattel war hart wie ein Brett und viel zu schmal. Und dass auf Waschbrettpisten aller erster Güte. Die letzten 10 km wieder in die Stadt waren dann auch eine einzige Qual. Deswegen kann ich heute, zwei Tage später, immer noch nicht ganz schmerzfrei sitzen.
Tour 2 ging nach Villa Carlos Paz. Das liegt nur 40 km von Córdoba entfernt und muss ein Ferienparadies sein, denn selbst von Mendoza aus werden Touren dahin angeboten und in vielen Reisebüros hängen Bilder davon. Da Nachsaison ist, war nicht viel los, dafür war es sehr entspannend sich in die Strandbars zu setzen und zu Café del Mar-Musik ein paar Spanisch-Lektionen zu machen. Die Landschaft ist sehr gediegen und das ganze Tal hinauf nach La Cumbre fühlt man sich wie in der Toskana im Sommer.

Estancia Rosario.
Tal vom Stausee über La Cumbre bis hinunter zum Ort.
Mit Wasserfällen.
Von da oben kam ich und bin...
... über diese Straßen zum ...
... Cuchi Corral gefahren. Bilder können den genialen Blick, den man aufgrund er Landschaft vorher auch nicht erwarten konnte, nicht in Worte fassen, wohl aber Digby Jones - Pina Colada.
Und da flogen sie hin. Es sind zwar nur 250 m bis ins Tal, aber die Thermik ist grandios, so dass man Stunde fliegen kann, wenn man sie richtig erwischt. Kondore gab es daher auch jede Menge.
Am Lago San Roque in Carlos Paz.
Das Theater Córdobas.
Alles in allem kann ich Stadt und Umgebung sehr für ein Auslandssemester empfehlen. Denn es ist unglaublich viel los in der Stadt mit viel Kultur jeden Abend, nicht nur am Wochenende. Die Uni ist kostenlos und die Studentinnen sind einfach schick. Bis zu den Bergen ist es auch nur eine Stunde mit einem der Mini-Busse, die jede Viertelstunde fahren.
Heute morgen bin ich wieder in Mendoza angekommen. Die Busfahrt hierher war super, denn der Bus war nur halb voll und das Abendessen bestand aus Blattsalat mit kompletten Wurstscheiben ;-), frittierten Kartoffelstückchen mit gegrilltem Hühnerfleisch, dazu Reissalat mir Ananas und einem Stück Torte als Nachtisch. Dazu gab es Wein nach Wahl. Da ich interessiert nach der Sorte fragte, durfte ich mich dann noch durch das komplette Sortiment des Weinguts trinken. (Die Buslinie hat ihre Sitz in San Juan und bewirbt die örtlichen Produkte.)