Mar 29, 2011

Stadt der schönen Frauen

Nach nur 3 Tagen Chile brauchte ich davon wieder eine Kur, denn ich wurde noch heftiger beschimpft als während meiner Reise durch den Süden Chiles. So wurde ich mehrfach von Jugendlichen bedroht, dass ich Scheiss-Gringo doch das Land verlassen soll. Viele heftige Erfahrungen, aber so weiss ich wenigstens aus eigener Erfahrung wie sich dumpfer Ausländerhass anfühlt. Ausserdem wurde ich mehrfach verbal aus Geschäften geworfen, sogar aus der Hauptzentrale der Tourismusbüros (weil ich nach einem aktuellen Buslininennetzplan gefragt habe). Als ich erzählte, dass ich in Bolivien war, haben die Leute nur den Kopf geschüttelt, wie man denn nur in so ein rückständiges Land fahren kann. Selbst in den Geldwechselgeschäften kannten die Bolivianos nicht und hielten es für Falschgeld, ja man glaubte mir noch nicht einmal, dass sie Bolivianos heissen uns schaute erst im Internet nach! Chile hat aber nur 3 Nachbarländer und die Leute in den Geldwechselgeschäften verdienen sich ihr Geld mit den Währungen anderer Länder. Aber es kam jedes Mal die Leier, dass Chilenen eben nicht in so ein rückständiges Land fahren würden. Dazu ein anderes Mal mehr.

Jedenfalls bin ich Sonnabend Abend nach weiterer Klärung der unsäglichen Kreditkartengeschichte mit dem nächsten Bus nach Mendoza gefahren. Ich hatte extra einen Nachtbus genommen, aber die Distanz ist zu kurz um wirklich einzuschlafen. An der Grenze hat die Abfertigung dann anderthalb Stunden gedauert, weil die doch tatsächlich jedes Gepäckstück einzeln kontrollieren und viele davon mussten die Besitzer auch noch auspacken. Man will damit die Einfuhr von Früchten verhindern, um die eigene Landwirtschaft vor Parasiten und Krankheiten zu schützen.
In Mendoza kam ich um 6 Uhr früh an und fragte nach einem Zimmer. Aber da war nichts zu machen, denn es war ein verlängertes Wochenende (Do - So). Aber auch für die Nacht zu Montag war alles voll. Nach 4 Stunden verzweifelter Rennerei durch die Stadt, habe ich aufgegeben und ein Busticket weiter nach Córdoba gelöst. Dadurch hatte ich aber den Nachmittag Zeit in den riesigen, wunderschönen Stadtpark Mendozas zu gehen, in dem ich auch sofort wegen Übermüdung eingeschlafen bin.
In Córdoba wiederholte sich dann die Zimmersuche, so dass ich jetzt in der runtergewirtschaftetsten Butze meiner Reise wohne. (Man muss sogar jede Nacht einzeln im Voraus bezahlen.) Aber es gibt keine Kakerlaken und mehr Ansprüche habe ich auch gar nicht. Zudem zahle ich nur 10 Euro die Nacht, normale Unterkünfte kosten so um die 30 Euros aufwärts.
Die Busfahrten in Argentinien sind happig teuer - über 40 Euro für 650 km. Wenn man aus dem Bus aussteigt, bekommt man sein Gepäck nicht wieder, wenn man dem Mann, der auslädt, nicht Geld gibt. In Mendoza hatte ich aber noch kein Geld und so musste mir ein Einheimischer helfen, an meinen Rucksack ranzukommen. Die Auspacker leben ausschließlich vom Trinkgeld und gehören nicht zur Busgesellschaft wie sonst üblich. Ansonsten gibt es auch keine Konkurrenz der Busgesellschaften, denn alle Gesellschaften verkaufen auch die Fahrten der anderen und die Preise sind fast exakt gleich. Für 1 Euro extra bekommt man aber im Bus Abendbrot und Frühstück.
Ansonsten sind die Leute hier super nett und freundlich, fast noch einen Tick mehr als in Bolivien. Im Gegensatz zu Chile findet man es toll, dass ich reise und auch dass ich in Bolivien war. Was mich allerdings überraschte, ist dass es hier überhaupt keine Indios gibt. Alle sehen aus wie in Europa und 36 % davon stammen aus Italien. Der Dialekt des Spanischen ist sehr unterschiedlich. So spricht man in Mendoza ein klares Spanisch und hier in Córdoba hat man einen ganz eigenartigen Dialekt: Das spanische Wort "Valle" (dt. Tal) spricht man ja eigentlich als "Baje" aus, hier aber als "Fasche". Damit habe ich richtig Probleme, da ich immer denke, dass es ein Wort ist, dass ich noch nicht kenne. (In der Touriinfo habe ich gefragt, was Fasche denn bedeutet und sie musste erst ihre Chefin fragen, wie man das in "normalem" Spanisch ausspricht ;-) .) Was aber viel interessanter ist, sind die Frauen. Zum Glück trage ich ja immer eine Sonnenbrille, so dass man meine Stielaugen nicht sehen kann. Holla die Waldfee, sich hier an die Fussgängerzone zu setzen, ist beeindruckender als in Mailand an einen Laufsteg!
Die Stadt Córdoba ist leider nur semi-schön. Zum Einen gibt es herrliche Gebäude, aber immer gleich daneben hässliche Betonklötze. Viele Parks vermüllen leider und werden nicht mehr gepflegt, da die Stadt sich das nicht leisten kann. Was aber toll ist, sind die Fussgängerzonen, die ein Netz von Strassen umfassen und von hohen Sträuchern umrankt sind.
Die Museen haben nur von Dienstags bis Freitag geöffnet, was nicht gerade touri-freundlich ist. Aber selbst heute an einem Dienstag hatten einige Museen ohne Angabe von Gründen zu. Selbst die Wachleute wussten nicht warum. Am Abend hatte aber das Uni-Museum auf und so habe ich eine Führung auf spanisch gebucht. Ich war der einzige Gast und trotzdem habe ich dem Führer wegen der Aussprache nur bruchstückhaft folgen können. Er meinte, dass er leider nicht wisse, wie man ohne den Córdoba-Akzent spricht. Schade, denn die Uni ist beeindruckend und daher auch Weltkulturerbe. (Zur Uni gehört auch die älteste Kirche Argentiniens.) Die Jesuiten haben sie Jahrhunderte geführt und deren Möbel und Bücher sind noch teilweise vorhanden. Mittlerweile hat die Uni aber 120 000 Studenten - irre! Aber der Führer meinte, dass die Uni in Buenos Aires sogar 300 000 Studenten hätte.
Morgen früh will ich in die Berge im Umland. Vielleicht hänge ich noch einen Tag hier dran, falls mein Geld reicht. Ansonsten will ich dann noch 3 Tage in Mendoza verbringen und eine Fahrrad-Weintour und eine Reittour machen. Aber Pläne ändern sich auch meiner Reise häufiger als ich meine Socken wechsele...

Die Kathedrale bei Tag  ...
... und bei Nacht.
überrankte Fussgängerzonen
Innenhof der Uni. Hinten ist die Unikirche - die älteste Argentiniens zu sehen.
Schöne Häuser aller Orten.
Weil die hier die Gebäude so schön beleuchten, noch ein Nachtfoto.
Sonst heisst es wieder: "Deine Fotos genügen ja gar keinem künstlerischen Anspruch!" ;-)
Schöner Stadtpark mit zwei Inseln.
In diesem Saal fanden die Doktorverteidigungen statt. Hier sassen die Profs und mittig der Rektor. Der Doktorand war auf einer Kanzel links an der Wand (nicht im Bild zu sehen) und sein Tutor (Doktorvater) unter ihm. Wenn er bestanden hatte, durfte er sich auf den Stuhl des Doktorvaters setzen und jeder Prof gratulierte ihm im Spalier. Er war also als Ehre dann für 5 Minuten so wichtig wie der Rektor. In der anderen Raumhälfte sassen die Angehörigen und Zuschauer.
In der Militärdiktatur ab 1976 kamen rund 30 000 Menschen um. (Zehn mal mehr als in der Militärdiktatur Chiles.)
Das vorne war das Frauengefängnis, in dem die obigen neun Frauen "verschwanden". Nun ist es eine Kunstgalerie. Dahinter ist eine Kirche, die zum Gefängniskomplex gehörte, aber ursprünglich wohl eine Klosterkirche war. Rechts dahinter sieht man einen der Betonklötze, obwohl das noch einer der schöneren ist. Links hinten ist Kirche Sagrado Corazón zu sehen.

Mar 25, 2011

Chile und das Geld

Erst einmal vielen Dank an alle, die einen Kommentar hinterlassen! So weiß ich, dass jemand diesen Blog überhaupt liest.

Zurück in Chile, widme ich mich mal dem Geld, denn nur so kann man sich vorstellen wie das Land funktioniert.
Chiles Landeswährung ist der Peso (P.). Aktuell bekommt man für einen Euro 675 P.. Damit will ich nun ein bisschen Rechnen, damit man versteht wie das Land so funktioniert: Der Durchschnittslohn liegt so bei ca. 350 000 P., also knapp über 500 €. Der Mindestlohn bei 160 000 P. Aber was kostet das Leben? Eine Fahrt mit der Metro kostet 640 P., Es gibt hier keine Monatskarten o. Ä., so dass man also allein für den Transport (hin- und zurück zur Arbeit) im Monat 60 € ausgeben muss. Lebensmittel sind hier etwas teurer als in Deutschland, Fleisch und Käse kosten aber besonders viel. Keiner kann mir erklären warum das so ist, denn die Böden sind sehr fruchtbar und in den Anbauregionen selbst kostet es sogar noch mehr als in Santiago. Z.B. kostet hier im Supermarkt die billigste Käsesorte 18 €/kg, die billigste Sorte Salami 13,50 €/kg. Außerdem werden aus unerfindlichen Gründen viele Lebensmittel aus Europa importiert. Hier mach ein Suchbild; wie viele deutsche Produkte findet ihr?
Suchbild, aufgenommen in einem Supermarkt in Chillán.

Selbst viele andere, in Chile hergestellte Produkte, sind unerklärlich teuer. So kostet Sonnencreme mit LSF 50 hier knapp 8 €, in Bolivien habe ich für genau die gleiche Creme aber nur 2,60 € bezahlt, und da sind die Transportkosten nach Bolivien ja schon mit drin.
Was aber richtig teuer ist, ist Bildung. Die staatlichen Schulen sind nach Aussage wirklich aller Leute sehr schlecht, so dass man sich krumm legt, um die Kinder in eine private oder semi-staatliche Schule zu schicken. Das kostet dann je nach Schule um die 160 000 - 240 000 P. pro Monat, dazu kommen noch 70 000 - 90 000 P. für die Schulspeisung. Einen Monat auf einer guten Universität kosten ca. 250 000 - 320 000 P. Das heißt, dass der Durchschnittslohn noch nicht einmal für die Uni eines Kindes reicht, denn der Rest der Familie muss ja auch noch ernährt werden. Daher leben hier fast alle auf Pump. Das erkennt man schon allein durch die extreme Anzahl an Banken. So findet man an fast jedem Platz mehrere. Dazu ein Suchbild, aufgenommen in Santiago:
Man sieht 5 Banken: v.l.n.r.: Scotiabank, BBVA, Banco Security (Tochterbank der Santander), Banco de Chile und Santander. Mittig im Bild hinter dem Baum befindet sich noch das Büro der Bank Itaú.
Die vielen Bankmitarbeiter müssen aber bezahlt werden und zudem ist jede Filiale gut besucht. Das funktioniert nur, weil viele häufig Kredite aufnehmen, oder mit der Bank verhandeln müssen. In einem Laden hat sich vor mir einer ein Hemd gekauft für 18 000 und hat dafür so eine Art Kleinkredit aufgenommen, den er erst in 3 Monaten voll bezahlen muss. Das Leben auf Pump und die vielen Bankfilialen erinnert mich sehr an Portugal und hier wird es höchstwahrscheinlich auch über kurz oder lang ernste finanzielle Probleme geben. Dazu passt Flowin Immo - Das Gift heisst Geld.
Wie man an den Preisen für Bildung sieht, kann man ein zweiter Einstein sein, aber wenn die Familie arm ist, hat man keine Chance etwas zu werden, weil man die  Ausbildung nicht bezahlen kann. Obwohl so gut wie jeder mir von diesem Problem erzählt, sind manche sogar stolz auf dieses System. Leider wird dagegen zu wenig getan, so verdient ein Metrofahrer mehr als ein Lehrer an einer staatlichen Schule. Was werden also die guten Lehrer machen?
Übrigens kann hier jeder seine eigene Universität aufmachen, und so sind die Zeitungen, Metros und Busse voll mit Werbungen für Universitäten aller Art, die dann meist gleich 10 Studiengänge anbieten, aber nur aus ein, zwei Gebäuden bestehen. Die Qualität der Abschlüsse ist daher sehr unterschiedlich bzw. ein einheitliches Niveau existiert nicht und so kommt es sehr auf den Ruf der Uni an, ob man danach auch einen Job bekommt. Daher wird man, wenn man reiche Eltern hat, auch mit großer Sicherheit reich bleiben, da man die Abschlüsse machen kann, die ein gutes Gehalt bringen. Der Staat hat sich in der Pinochet-Zeit nicht nur aus der Bildung zurückgezogen sondern generell aus vielen Bereichen des Lebens wie z.B. Krankenhäuser, Nahverkehr, Rentenversicherung usw. (siehe dazu den beeindruckenden Artikel über die Chicago Boys). Seit einigen Jahren greift man als Staat jedoch wieder etwas stärker ein.
Es fällt überall auf, dass es ein riesiges Heer von Leuten gibt, die "Sinnlosjobs" machen, putzen oder bewachen. Allein auf diesem Bild sieht man 3 Leute an einer Haltestelle, die nur kontrollieren, dass ich meine Chipkarte richtig an das Lesegerät halte. Wenn die Feierabend haben, werden die Lesegeräte abmontiert, denn im Bus ist ja eh immer ein Lesegerät, an das man die Karte sowieso halten muss.
3 "Aufpasser" an den Bushaltestellen. Die gelben Dinger am Eingang sind die Lesegeräte. "bip!" heißt die Karte, mit der man hier Bus und Bahn bezahlt.
An jeder Metrostation sitzen ca. 4 Leute im Fahrkartenverkauf, bis zu 6 passen, je nach Tageszeit, auf, dass man nicht zu nah an den Bahnsteig geht, ca. 4 Leute sind Wachleute und 4 putzen permanent die Station. Weiterhin stehen meist 2 Leute mit Fahnen auf dem Rücken rum, bei denen man sein Handy aufladen kann. 2 machen im Schnitt Promotion für irgend welche neuen Produkte. Im Supermarkt gibt es an jeder Kasse jemanden, der die Sachen in eine Tüte packt und dafür bezahlt werden will. Zudem gibt es im Supermarkt zwei Wachmänner mit Pistole. In normalen Läden wie z.B. einer Reiseagentur gibt es auch sehr oft einen Wachmann. Wenn man Brot oder Früchte kauft, muss man die Sachen erst von einer Person wiegen lassen, ehe man zur Kasse darf. Diese Person tippt dann also für mich z.B. die Nummer 99 für Bananen ein und drückt auf Drucken des Etiketts, das ist ihr ganzer Job. An vielen Plätzen verkaufen Leute auf der Straße auf Decken Dinge, die die Welt nicht braucht, jonglieren bei Rotphasen an der Ampel mit Bällen, oder rennen durch die Busse und versuchen Eis oder Zeitungen zu verkaufen. Die Parks sind voll von Leuten, die dort ständig putzen oder die Pflanzen pflegen. Eine Putzfrau hat mir erzählt, dass sie 100 000 Rente bekommt - nach 40 Jahren Arbeit. Also muss sie weiterarbeiten.
Die Überbevölkerung habe ich in diesem Blogeintrag schon mal angesprochen. Sie verhindert eigentlich echte Lösungen, denn man kann sich einfach nicht um immer mehr Leute kümmern. Mich erinnert das Ganze an die 20/30er Jahre in Deutschland.
Auf Grund der sehr großen sozialen Unterschiede, ist Diebstahl ein Riesenproblem. Daher schotten sich die Besserverdienenden auch in Wohnblocks mit Elektrozaun ab, schicken ihre Kinder auf Schulen die von 3 Meter hohen Mauern umgeben sind und deren Eingang von Wachleuten mit MP bewacht werden. Auch in den Mittelschichtsgegenden hat jedes! Haus einen Concierge, der den ganzen Tag am Eingang sitzt, und ab und an den Rasen sprengt. Da man dafür nur den Mindestlohn bekommt, haben einige gleich zwei solcher Jobs, arbeiten dann also manchmal 16 Stunden am Tag und natürlich auch am Wochenende. Einer der Concierges des Hauses, in dem ich hier wohne, zeigte mir neulich sein Uni-Diplom als Ingenieur. Vormittags arbeitet er als Concierge und Nachmittags als AutoCAD-Konstrukteur.
Hat man auf einer guten Uni einen Abschluss gemacht, verdient man jedoch ordentlich. Ein 30 Jahre alter Mann erzählte mir, dass er als Ökonom 2,2 Mio. P. bekommt (ca. 3400 €). Damit kann man hier sehr gut leben. Zu Santiago ist zu sagen, dass man anhand des Stadtteils, in dem jemand wohnt, schon gut einschätzen kann, wie viel Geld er hat. Die Top-Stadtteile liegen im Osten an den Bergen und heißen Lo Barnechea, Vitacura und Las Condes. In diesen Stadtteilen ist wirklich heile Welt mit wunderschönen Parks, sauberen Straßen und Ruhe. In Lo Barnechea gibt es z.B. Häuser, die bei uns als Schlösser durchgehen würden. Im Süden und Westen, wie z. B. in La Pintana wohnen die armen Leute. Das historische Stadtzentrum ist nicht mehr das Hauptzentrum des gesellschaftlichen Lebens. So finden sich dort keine großen Geschäfte. Will man große Auswahl wie z.B. einen guten Buchladen, fährt man in eine Shoppingmall in die reichen Bezirke. In diesen Stadtteilen gibt es auch die richtig guten Restaurants, Reisebüros, Kaufhäuser, Theater, usw..
Das Reisen ist nur wenig billiger als in Deutschland. Die Busse sind sehr gut, kosten aber eben auch dementsprechend. Hotels sind so teuer wie in Deutschland, nur die Hostels (oft mit Mehrbettzimmern) sind billiger. Inlandsflüge kosten mehr oder weniger dasselbe wie in Europa.
Elektrogeräte aller Art sind teurer als in Deutschland, denn alles muss über den Pazifik gefahren werden, da kaum etwas hier produziert wird und der Markt einfach viel kleiner ist. Aber auch Bücher sind erstaunlich teuer und so erzählten mir einige, dass sie ihre Bücher in Argentinien einkaufen.

Mar 24, 2011

Schon gewusst,

dass in Bolivien
  • der Lieblingssnack Kartoffeln mit Ei ist? Im Bus war das DER Renner. In einer Plastiktüte sind zwei in Stücke geschnittene Kartoffeln mit zwei geschälten, gekochten Eiern. Dazu gibt es oft Saft, der in ein Plastiksäckchen abgefüllt ist. Man beißt in den Sack und zutscht ihn aus. Diesen Snack gibt es in vielen Comedoren am Straßenrand zu kaufen.
  • es auf keiner Toilette Klopapier gibt? Noch nicht einmal in Restaurants, egal wie gut die sind. Daher sollte man immer genügend Papiertaschentücher dabei haben. An den Hotelrezeptionen wird auch immer Klopapier verkauft.
  • es fast nie Seife gibt? Auch nicht in den meisten Restaurants. Deswegen, hatte ich immer Shampoo als Flüssigseifenersatz mit dabei.
  • die allermeisten Hotels nur Einfachverglasung haben und nicht beheizbar sind? Zum Glück war ich im Sommer dort und hatte meinen Schlafsack dabei. Für alle über 1,80 m empfehle ich unbedingt einen Schlafsack, da man sich sonst wegen der kurzen Betten die Füße abfriert. Da die Zudecken oft recht, na ja, eklig sind, empfiehlt sich aber generell ein Schlafsack als Zudecke. Im Winter kann man in manchen Hotels auch Heizlüfter für die Nacht mieten.
  • man untereinander meist, je nach Region, Qechua, Aymara, oder eine andere Sprache spricht? Vor allem Qechua hört sich interessant an, da es viele Röchellaute gibt. Im Bus fragte mich ein älterer Mann, ob ich mit ihm meinen Sitz tauschen kann, da er Platz für sein "Wauwau" bräuchte. Ich meinte, dass es kein Problem ist, wenn er sich mit seinem Hund da hinsetzt. Der Mann und auch die Leute im Bus schauten mich empört an, denn "Wauwa" heißt auf Qechua "Baby" und so brauchte er Platz für seinen Enkel.
  • die Obergrenze der Transportpreise staatlich festgelegt sind? So gibt es in jedem Busbahnhof eine Liste mit Obergrenzen, je nach Reiseziel und Busklasse (Schlafbus, etc.). In Sucre bezahlt man als Schüler 0,7 B. (= 7 Cent) pro Busfahrt. Wegen der gestiegenen Spritpreise, wollen die Busfahrer aber 0,9 B. haben. Das kann die Stadt nicht bezahlen und so kam es wegen 2 Cent Fahrpreiserhöhung zum Streik der Busfahrer. In Potosí erwischte ich einen der letzten Busse nach La Paz, bevor die auch in diesem Departement einen 48-stündigen Streik deswegen angefangen haben.
  • die Leute leider rassistisch sind? So mögen die Leute im Tiefland Boliviens in Santa Cruz die Leute aus dem Altiplano nicht. In Santa Cruz leben meist Weiße, die die Indios nicht leiden können. So erzählten mir mehrere Leute, dass sie in Santa Cruz nicht in Geschäfte gelassen werden, wenn sie in ihrer Tracht auftauchen. Aber auch im Altiplano ist man nicht viel besser. So äußert man sich zum Teil sehr abfällig in den Städten über Leute vom Land. Und das obwohl von denen die Nahrungsmittelversorgung der Städte abhängt. 
  • Coca allgegenwärtig ist? Coca kann man für sehr wenig Geld an jedem Markt kaufen. Die Blätter brüht man mit kochendem Wasser auf und fertig ist der Mate de Coca. Er soll gegen die Höhenkrankheit helfen, also habe ich jeden Tag ein bis zwei Tees getrunken. Eine psychedelische Wirkung kann man davon aber nicht erwarten. Coca kauen wirkt nachweislich ab ca. 15 Blättern pro Backe im Mund. Kauen tun aber eigentlich nur Leute, die körperlich schwer arbeiten, wie Bauarbeiter, Bergmänner und Bauern. Der Staat mischt wohl recht offen im Coca-Anbau mit. Der Präsident des Landes ist ja ein ehemaliger Coca-Bauer und vertritt immer noch deren Interessen. Zudem gab es gerade einen Skandal, der die Misere offenbart: Die chilenische Drogenfahndung hat beim pensionierten Ex-obersten Drogenbekämpfer Boliviens (General Sanabria) eine Ladung Kokain geordert. Dieser hat diese nach Arica (Chile) geliefert und man hat ihn dann nach Panama gelockt, wo ihn die amerikanische Drogenfahndung DEA hat festnehmen lassen. Nun sitzt er in den USA in Haft und die Regierung Boliviens ist empört über die USA. Außerdem hätte die Regierung nichts von den Machenschaften Sanabrias gewusst. Aber es scheint ein offenes Geheimnis zu sein, dass die sehr wohl davon wussten. Ein Taxifahrer meinte zu mir, dass man an die 400 kg Coca-Blätter pro Kilo Kokain braucht. Um die angebaute Coca-Menge zu verbrauchen, müsste jeder Bolivianer Unmengen an Tee trinken. Ein Anderer meinte, dass ab und an mal eine Fabrik hochgenommen wird, in der 100 kg Kokain pro Tag produziert wurde. Dass so eine Fabrik geheim ist, ist unmöglich, denn für diese Menge Kokain braucht man ja Lastwagenladungen mit Blättern. Aber erst durch diesen riesigen Bedarf an Blättern für Kokain wird der Anbau rentabel.
  • die Leute viel, viel netter als in Chile sind? So hat man mir immer weiter geholfen, oft auch von sich aus mir Tipps für die nächste Stadt gegeben. Auf diese Weise bin ich auch auf die Stadt Tupiza gekommen, die ursprünglich gar nicht in meinem Plan war. Die Leute sind auch viel offener für andere Lebenswege. So werden auch Leute, die z.B. allein mit dem Fahrrad durchs Altiplano fahren herzlich aufgenommen und man ist ernsthaft interessiert an den Lebensgeschichten der Touristen. Viele Bolivianer sind sehr arm, aber trotzdem meist fröhlich. Wenn man lächelt, bekommt man eigentlich immer ein Lächeln zurück und man kann mit den Mädels flirten oder in Geschäften Späße machen. Egal wo man ist, es findet sich fast immer ein Gesprächsthema und man freut sich, wenn einem das Land gefällt. Hilft man den Leuten (z.B. in dem man seinen Sitzplatz anbietet und sich dafür auf den Boden setzt, beim Be- und Entladen von Bussen, etc.), wird das gemeinschaftlich honoriert und die Leute werden einem dann besonders weiterhelfen. Versteht man etwas nicht ganz, wird es einem in langsamem, deutlichem Spanisch noch einmal erklärt. (Diese eigentliche Selbstverständlichkeit findet man in Chile dagegen so gut wie nicht.) Kann man allerdings kein Spanisch, wird man schon gerne mal über den Tisch gezogen, vor allem was Transportpreise wie z.B. Taxi anbelangt.
  • viele Preise verhandeln kann? So sollte man vor dem Einsteigen in ein Taxi erst den Preis aushandeln. Aber auch Essens- oder Nahrungsmittelpreise sind bequem verhandelbar. Besonders bei Früchten sollte man handeln.
  • man 100 B. Scheine (Wert 10 €) oft nicht tauschen kann. So bin ich mit dem Taxi von Sucre zum Castillo de la Glorieta gefahren und wollte mir dort am Eingang ein Eis kaufen. Das ging nicht, da die kein Wechselgeld hatten. Auch am Eintritt zum Schloss konnte man mir nicht rausgeben, da ich ja der erste Gast nach der Mittagspause war und die überhaupt kein Geld in der Kasse hatten! Ich wollte dann entnervt ein Taxi zurück in die Stadt nehmen, dass mich aber nicht mitnahm, da es mir keine 100 B. wechseln könnte. So wartete ich eine Stunde, bis mir andere Besucher wechseln konnten und ich in das Schloss kam.
  • Leute die sich in Europa aufregen, wenn der Zug eine halbe Stunde später ankommt, in Bolivien total fehl am Platz sind? Erst ab über einer halben Stunde zu später Abfahrt, regen sich die Bolivianer auf (eigentlich immer nur die Frauen, die eh die Hosen an zu haben scheinen) - auch wenn es nie etwas bewirkt hat. Bei Überlandfahrten auf Schlammpisten, sollte man viel Zeit einplanen. Dass der Bus eine Panne hat und man 12 Stunden auf den nächsten warten muss, passiert wohl recht häufig, auch wenn ich davon verschont geblieben bin. Streiks gibt es eigentlich ständig. In meinen zweieinhalb Wochen habe ich z.B. 3 verschiedene Streiks mitbekommen: Busfahrer, Uni-Angestellte und Bergleute. Zu wichtigen Terminen wie dem Rückflug sollte man daher mindestens einen Puffertag einbauen.
  • Leute mit chronischen Krankheiten gefährlich leben? In Bolivien ist die medizinische Versorgung sehr mangelhaft und es gibt oft nicht einmal eine erste Hilfe-Station. So ist am Tag vor mir auf der Isla del Sol im Titicacasee einer umgekippt. Auf der Insel gab es keine Hilfe und so hat man ihn 2,5 Stunden mit dem Boot nach Copacabana gefahren. Aber auch dort gab es keine Hife, also hat man ihn nach einer Weile weitere 3 Stunden bis La Paz gefahren. Wird man auf einer Jeep-Tour von Uyuni aus krank, hat man ein richtiges Problem, denn das erste richtige Krankenhaus in Potosí ist dann 2 Tagesreisen entfernt. Die Ärztinnen, die ich in La Paz traf ,meinten, dass es schon gefährlich sei, wenn man regelmäßig Medikamente nehmen muss, denn wird einem die Tasche geklaut oder man verliert etwas, kann man es meist nicht nachkaufen.
  • ich wieder viele tolle Dinge zum ersten Mal konsumiert habe:
    - Papaya-Limonade getrunken. Die sieht quietschegelb aus und läuft gut rein.
    - Chirimoya gegessen. Was für eine Frucht! Sie rangiert hinter Feige, Birne und Granatapfel jetzt auf Platz 4 meiner Frucht-Besteliste.
    - diverse Süßkartoffeln gegessen. Diese können verschiedenen Farben haben und schmecken wie Kartoffeln mit viel kräftigerem Geschmack.
    - Kochbananen gegessen, ist nicht so mein Fall
    - "echte" Bananen gegessen - die sehen dunkelgelber aus als die normalen, sind druckempfindlicher und daher schlechter lagerbar, aber schmecken so unglaublich viel bananiger
    - Chuño gegessen, schmeckt sehr "erdig", nicht mein Fall
    - Salteñas gegessen; wie Empanadas, nur mit Fleischfüllung, Kartoffeln, Gemüse und süßer Soße. Daher muss man aufpassen, dass man sich nicht besabbert. Für mich die leckersten Teigtaschen überhaupt.
Leider habe ich den Namen dieser Knollen vergessen. Sie sind mit der Kartoffel verwandt und schmecken ähnlich.
Markthalle in Sucre - unterste Ebene
mittlere Ebene
Obere Ebene mit Comedor. Man sieht, dass es doch etwas an der Hygiene mangelt. Von Comedor-Essen bin ich aber nie krank geworden. Mein Fieber nach der Radtour war übrigens definitiv keine Höhenkrankheit, denn ich hatte keine Kopfschmerzen. Es war einfach das Essen. Das Essen am Vorabend war mit 85 B. das teuerste der ganzen Reise und ausgerechnet davon bin ich krank geworden. 

  • ein riesiges Alkoholproblem gibt? So kostet der halbe Liter 96%iger Alkohol nur 1,2 €. Daher sind viele schon Mittags besoffen, so wie der Fahrradverleiher in Tupiza (ich berichtete). Zu Karneval ist das ganze Land besoffen und man sollte daher Busfahrten vermeiden.

FAZIT
Bolivien ist auf meiner persönlichen Länderrangliste zusammen mit Rumänien jetzt auf Platz 1. Es ist so ein interessantes Land, in dem man locker 2 Monate Urlaub machen kann. Ich werde bestimmt wiederkommen, denn es fehlt mir ja das komplette Tiefland, die Stadt Cochabamba und der Südwesten mit der Laguna Verde. Gerade dieser Landesteil soll nach Aussage aller, Touristen und Einheimischer, der schönste Teil des Landes sein. Man kommt dahin nur mit mehrtägigen Jeeptouren, weswegen ich es aus Zeitgründen nicht gemacht habe. Zudem ist Bolivien sehr, sehr billig, der Service aber gut. Man muss sich nur locker machen und über die Unannehmlichkeiten, wie die Busfahrten, schmunzeln bzw. wissen was auf einen zukommt, dann hat man viel Spaß.

Die Stadt und der Berg

Ich hatte mich lange gestäubt nach Potosí zu fahren, da ich Katastrophentourismus nicht mag. (Olli, ich habe immer noch deine schrecklichen Bilder deines Besuchs dort vor Augen.) Nun liegt Potosí aber auf dem Weg von Sucre zurück nach La Paz also bin ich da für eine Nacht geblieben.
Potosí war um 1625 eine der größten Städte der Welt, hatte mit ca. 160 000 Einwohnern mehr als zu der Zeit Madrid oder London, ja sogar Florenz. Und das nur wegen eines alten Vulkans, der sich auf ca. 4800 Meter erhebt - der Cerro Rico (reicher Berg). Dieser Berg war die ergiebigste Silberlagerstätte, die damals bekannt war und so hat man im rauen Klima des Altiplano am Fuße des Cerro Rico auf 4050 Metern Höhe Potosí gegründet.
Sonnabend Nachmittag bin ich in die Moneda gegangen. Moneda bedeutet Münzstätte, denn in diesem riesigen Haus wurde das Silber, dass man gefördert hat, direkt vor Ort in Münzen für den spanischen König geprägt. Die Muli-betriebenen Prägemaschinen von 1755 sind noch komplett erhalten, so wie auch alle anderen Anlagen. Außerdem gibt es eine riesige Mineraliensammlung, Mumien und vieles mehr zu sehen. Kurzum, das beeindruckendste Museum, in dem ich auf meiner Reise war.
Die Nacht auf Sonntag war bitterkalt, so habe ich im Schlafsack mit Wintermütze geschlafen. Ich will nicht wissen, wie kalt es erst im Winter ist.
Für Sonntag habe ich dann eine Bergwerkstour gebucht aber gleich vereinbart, dass ich nicht in den Berg gehen werde. Los ging es auf den Markt, auf dem man alles kaufen kann, was man als Bergmann so braucht, von Spaten bis zu Sprengstoff. Die Idee vieler Agenturen ist es, dass man als Tourist dort Dinge kauft und es dann den Bergmännern als Geschenk mitbringt. Dies habe ich aber verweigert und so begann eine anderthalbstündige, sehr sehr gute Diskussion mit unserem Guide, der selbst mal Bergmann war. Das Problem ist, dass die Bergmänner keinerlei Ausbildung haben und auch auf Sicherheit keinen Wert legen. So nimmt man immer noch Dynamit zum Sprengen. Gezündet wird mit einer Zündschnur, die ca. 45 Sekunden lang brennt; die Stollen sind aber nicht so hoch, dass man darin weg rennen könnte. Gegen den Explosionsknall schützen sie sich gar nicht, denn Kopfhörer kosten ja Geld. Als ich ihm erklärte, dass man in anderen Bergwerken Sprengstoff benutzt, der durch einen elektrischen Impuls gezündet wird, war er verdutzt. Man kann so ja ein langes Kabel legen, dass man nicht weg rennen muss. Solchen Sprengstoff gibt es aber nicht auf dem Markt zu kaufen.
Dies wohl aus gutem Grund, denn es gibt keine Pläne der Gänge im Berg und größere Sprengungen könnten den Berg zum Einsturz bringen. Dazu kommt noch, dass der Bergbau in Syndikaten erfolgt, die Syndikate aber nicht wissen, was die Bergleute des Nachbarsyndikats gerade machen. Gegen den Staub schützen sich die Bergleute auch nicht, obwohl ein billiger Mundschutz gerade mal ein paar Cent kostet und die Touristen Mundschutz tragen. Der Guide meinte, dass viele Bergleute einfach nur den aktuellen Profit sehen, da sie ihre meist sieben - zehnköpfigen Familien ernähren müssen. Viele bekommen aber schon mit 35 - 40 Jahren Probleme und sind Invalide. Dadurch müssen dann ihre Kinder ran. So fing unser Guide mit 13 Jahren im Berg an, weil sein Vater im Berg umgekommen war. Daher hat er auch keine Ausbildung und kennt nur das, was es auf dem Markt zu kaufen gibt. Laut seiner Aussage starben letztes Jahr 26 Leute im Berg und die Zahl der Schwerverletzten wird noch höher sein.
Weiter ging es dann zur chemischen Auftrennung des Gesteins. Das Gestein wird erst mechanisch zerkleinert, dann chemisch getrennt (leider konnte man mir nicht erklären wie genau) und dann im Flotationsverfahren getrennt. Für die Chemie verwendet man Zyanide, die hoch krebserregend sind. Das Haus in dem das geschieht ist eine Bretterbude und das Zyanidbad spritzt fröhlich umher. Gummihandschuhe oder Schutzbrillen trägt aber natürlich keiner, denn die wissen gar nicht um die Gefahr. So wird der Abraum auch einfach in einen Fluss geschüttet. Am Unterlauf des Flüssen verseucht das Zyanid aber das Trinkwasser. Dessen sind sie sich zum Glück seit ein paar Jahren bewusst und man arbeitet von staatlicher Seite nun an einer Lösung. Das abgeschiedene Silber?? wird erst in Europa zu reinem Silber weiterverarbeitet.
Dann ging es für meine Gruppe (4 zierliche Argentinierinnen) in den Berg. Ich bin dagegen auf den Berg gestiegen. Der Guide überzeugte mich, dass es besser wäre Coca zu kauen, wegen der Höhe. Und so habe ich mir zeigen lassen, wie man Coca kaut. Der Geschmack im Mund ist viel intensiver als beim Coca-Tee, aber ich habe trotzdem nichts spüren können. Man nimmt es ja, weil man dadurch mehr Kraft in der Höhe hat und weniger Hunger, aber ich war danach trotzdem total fertig und sehr hungrig. Der Aufstieg auf den Cerro Rico ist oben recht schwierig, da man sich in den Geröllhalden gut konzentrieren muss, die Höhe aber echt schlaucht. Tja und oben gab es keinen Gipfel! Der ist nämlich kürzlich eingestürzt und jetzt klafft da ein immens tiefer Krater. Der Abstieg war viel schwieriger, da ich auf der anderen Flanke des Berges runter wollte. Doch auf einmal ging es nicht richtig weiter, da die ganze Bergflanke weggerutscht war. Mitten im Kraxeln über dieses riesige Geröllfeld, sprangen mich auch noch zwei Hunde an. Keine Ahnung wo die herkamen, und ich konnte ja auch nicht umkehren. Also habe ich mir ein Herz genommen und mit dem Fuß ein paar Steine losgetreten. Dadurch sind sie kurz zurückgewichen und ich bin das Geröllfeld hinuter gesprungen, und die Hunde zum Glück nicht hinterher. Dann kam auch noch unerwartet, wie aus dem Nichts, ein Gewitter auf. Aber wie durch ein Wunder blieb es in ca. 10 km Luftlinie Entfernung hängen. So war die Hälfte der Stadt unter mir im Regen, in der anderen Hälfte schien die Sonne - ein toller Anblick.
Der Guide meinte, dass es der Vorteil der Syndikate sei, dass so der Berg geschont würde, denn eine kommerzielle Firma würde ihn einfach abbaggern. Aber da macht er sich etwas vor, denn bis 50 Meter unterhalb des Gipfels ist nur noch Geröll vom Bergbau, es fehlen bereits 15 - 30 Meter Berg an den Flanken, überall sind tiefe Löcher und Furchen von eingestürzten Gängen und am Fuß des Berges gibt es einen Tagebau. Ich habe noch nie so ein kaputtes Gebilde gesehen, das man Berg nennt! Nebenbei habe ich aber meinen Höhenrekord von der Fahrradtour von 4650 m auf 4800 m hochgeschraubt.
Am späten Nachmittag habe ich dann noch den Umzug des letzten Blogeintrags gesehen.
Nach La Paz habe ich mir einen Luxus-Schlafbus gegönnt. In La Paz war ich am letzten Tag noch auf der Stadtrundfahrt in den Süden der Stadt. Der liegt nur auf 3000 - 3200 m Höhe und ist dadurch im Schnitt 10°C wärmer als der oberer Stadtrand auf 4000 m. Daher wohnen die Reichen vornehmlich im Süden, aber der Unterschied zwischen arm und reich ist bei weitem nicht so groß wie in Santiago de Chile. Es kam mir eher wie ein gemütlicher Vorort vor, ohne Bonzenautos und dem Sicherheitskram wie hier in Santiago. Anschließend war ich noch in einem Coca-Museum wo ich zwei deutsche Ärztinnen traf. Die haben mir die Leviten gelesen, wie unverantwortlich es war, in ein Land wie Bolivien ohne Antibiotika zu reisen. Also habe ich mir in der Apotheke danach gleich Doxycyclin gekauft. Dazu braucht man kein Rezept wie in Deutschland und die 10 Tabletten haben gerade mal 1,20 € gekostet.

Die Moneda
Chemische Auftrennung
Mechanische Auftrennung. Die leichteren Partikel haften an den Blasen, die auf der Lösung schwimmen und werden mit den Blasen von der Lösung entfernt.
Das Haus, indem die Auftrennung stattfindet mit davorliegenden Trockenbecken. Der trockene Erzschlamm vorne im Bild wird dann auf Lastwagen verladen und meist in Europa weiter verarbeitet.
Blick auf den Cerro Rico.
Tagebau.
Häuser eines Bergbausyndikats.
Staubecken, die als Wasservorrat für die Stadt dienen. Der Überlauf wird meist zum Auto waschen und Ähnlichem benutzt.

Gipfelkrater mit hineingefallenem Lichtmast. Dieser hängt an den angeschlossenen! Stromkabeln und fällt dadurch nicht tiefer hinein.
Blick vom Gipfel auf die Stadt.
Man sieht an diesem Grubeneingang, dass schon einige Meter der Bergflanke fehlen.
Da bin ich runter. Hier fehlt schon ein beträchtlicher Teil des Berges.
Potosí hat viel schöne Ecken.
Die Universität von Potosí.
Der Aconcagua aus dem Flugzeug heraus fotografiert.

Mar 21, 2011

Kleine Blödelei

Kleiner Wettbewerb: Wer hat das albernste Kostüm?

Sehr nüchtern, geradezu konservativ.
Schon sehr albern, Männer in rosa Plastikkostümen mit Flügelimitationen,
Dies soll vielleicht eine Torte darstellen. Der Träger schaute auch alles andere als begeistert. Ich habe Tränen gelacht!
Undefinierbar.
Und am Ende des Marsches konnte ich kaum noch vor Lachen. Aber dieses Auto ist ja noch harmlos...
Na, da kriegt man doch schon Hunger.
Und hier Lust mal wieder auf ein Hochzeitsbankett zu gehen.
Ohne Kommentar.
Und dies ist unbestritten der Gewinner des Wettbewerbs.
Auch Geländewagen können schön aussehen.
Da hat der Fahrer aber ein großes Blickfeld - ist aber ausreichend und die Autohersteller könnten sich daran ein Beispiel nehmen ;-) .
So, jetzt reicht es aber.

Durch Zufall in Potosí gesehen. Der Zug ging einmal um den Markt herum. Es wurde dem Santo Niño de Atocha gedacht, aber wohl zugleich erbaten die Marktleute Glück von irgend einem Heiligen. Daher mussten auch die Fahrzeuge kostümiert werden. So wurde es mir zumindest erklärt, aber trotz intensivem googeln, konnte ich nicht mehr darüber herausfinden.

Kinderpuppe am Anfang des Umzuges.

Mar 19, 2011

Chuquisaca

Von Tupiza ging es weiter nach Sucre. Was für ein Traum von einer Stadt!!! Sie war mehr oder weniger das Verwaltungszentrum des Silberbergbaus von Potosí und daher wurden hier die herrlichsten Häuser für die Bergwerksbesitzer und die Verwaltungsleute errichtet. Und die sind zu 90% erhalten, weswegen die ganze Stadt völlig zu Recht Weltkulturerbe ist. Dazu ist die Stadt mit unzähligen Kirchen, Klöstern und Parks verziert. Es hat zudem eine der ältesten Universitäten Amerikas (1624), die meiner Ansicht nach auch noch eine der schönsten ist.
Sucre liegt nur 200 Meter niedriger als Tupiza, auf 2800 m und hat doch ein völlig anderes Klima: Während ich in Tupiza bei 26 ºC in der Halbwüste geschwitzt habe, waren es in Sucre nur so um die 20 ºC und es grünt so wie in Mitteleuropa im Sommer. Die Lage der Stadt ist gut gewählt, denn einerseits hat man so gemässigtes Klima und ist doch knapp über der Moskito-Grenze. In den angrenzenden Tälern ist es noch einen Tick milder und so haben sich dort einige Minenbesitzer Traumschlösser hingesetzt.
Kommt mal mit auf einen kleinen Stadtrundgang:
Eine der vielen Kirchen der Stadt.
Der oberste Gerichtshof Boliviens.
Plaza de Libertad. Der Turm wurde ursprünglich mal wegen eines Machtkampfes des Bürgermeisters mit den Bäckern der Stadt errichtet - die genaue Geschichte habe leider schon wieder vergessen. Es ging um höhere Brotpreise.
Innenhof der medizinischen Fakultät der Uni.
Keine Kirche, sondern das Universitätsspital.
Typische Straßenszene in der Innenstadt.
Hauptplatz der Universität.
Friedhofs der Stadt. Die reichsten Familien haben sich hier prächtigste Mausoleen.
Die ärmeren Leute haben nur kleine Wandnischen, die aber aufwändig verziert werden, teilweise sogar mit eigenem Sonnenschirm.
Casa de la Libertad - hier wurde Boliviens Unabhängigkeitsurkunde unterschrieben, die man auch anschauen kann. Ich war aber nicht drin.
Districtsverwaltung von Chuquisaca am zentralen Plaza 25 de Mayo.
Kathedrale.
Castillo de la Glorieta. Ein Herrschaftssitz eines Minenbesitzers 5 km südlich von Sucre.
Drinnen ist es ebenso nobel. Leider wird das Schloss gerade saniert, so dass kaum Möbel drin waren und nur wenige Räume zugänglich waren.
Blick vom Zwiebelturm des Schlosses auf die Militärakademie Boliviens, die am anderen Flussufer liegt.

Sucre ist zwar die Hauptstadt Boliviens, aber außer dem obersten Gerichtshof, ist alles in La Paz. Das ergibt Sinn, denn Sucre liegt quasi in einer 150 km langen Sackgasse. Zu jeder anderen Stadt Boliviens muss man entweder erst nach Potosí fahren oder sich über hunderte Kilometer Schlammstraßen quälen. Da sich aber die Minen in Potosí erschöpften und weniger wichtig für das Land wurden, hat man aus praktischen Gründen alles nach La Paz verlagert. Trotzdem ist mir hier zum ersten Mal in Bolivien eine Oberschicht aufgefallen. Durch den größeren Unterschied hier zwischen arm und reich, gibt es auch aggressive Bettler, was man sonst in Bolivien nicht hat. (Übrigens fährt die Oberschicht die neuesten Wagen von Nissan. Und die ganze Stadt scheint Nissan verrückt zu sein: Alle Stadtbusse sind von diesem Hersteller und die Touranbieter schwören auf alte Patrol oder die neuesten Pathfinder.)
Da man den (kommerziellen) Bergbau in Potosí 1985 eingestellt hat, kommen seitdem viele Leute von da nach Sucre, denn in dem extremen Klima auf 4100 m lohnt es sich nicht mehr zu leben. Die Einwohnerzahl hat sich seitdem verdoppelt. Ansonsten habe ich hier in einem Touri-Büro einen Schweizer getroffen der hier eingeheiratet hat. Zwei stundenlange Gespräche mit ihm haben mein Bolivien-Bild doch etwas verändert und ich habe endlich kapiert warum es in den meisten Ländern der Erde so viel Korruption gibt und bei uns kaum. Daraus mache ich mal einen Extra-Eintrag, denn das ganze Thema, gerade am Beispiel Boliviens, ist spannend.